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Was können Arbeitgeber tun, um die Folgen der Inflation für ihre Belegschaft zu mildern, ohne die eigene Existenz aufs Spiel zu setzen? Emine Yilmaz, Managing Director und Vice President of Permanent Placement Brands bei Robert Half, erklärt, wie Mitarbeitende zufrieden und motiviert bleiben.

Die Frage: Mehr Gehalt zahlen oder Arbeitsplätze sichern?

Viele Unternehmen stecken aktuell in einer Zwickmühle. Denn eine der Inflation angemessene pauschale Gehaltserhöhung für sämtliche Beschäftigte können nur wenige Firmen stemmen. Obwohl viele ihre Angestellten in diesen schwierigen Zeiten gern großzügig unterstützen würden, haben sie selbst mit gestiegenen Kosten zu kämpfen und müssen das Gesamtbudget im Blick halten.

Wie aus einer Studie im Rahmen unserer Gehaltsübersicht 2023 hervorgeht, stellt sich für 26 Prozent der dort vertretenen Unternehmen sogar die existenzielle Frage, ob sie höhere Gehälter zahlen – oder mit ihren finanziellen Ressourcen den eigenen Fortbestand absichern. Eine diffizile Abwägung. Denn: Verliert das Unternehmen wegen stark gestiegener Personalkosten an Stabilität, sind schlimmstenfalls Arbeitsplätze oder sogar die ganze Firma gefährdet.

Manche Unternehmen geben die höheren Lohnkosten in Form von Preiserhöhungen an ihre Kunden weiter. Doch die Sache ist zwiespältig: Zwar können so die eigenen Beschäftigten mehr verdienen. Doch lässt sich auf der anderen Seite die Preisspirale nicht unendlich nach oben schrauben, sonst springen Kunden ab.

Weitere sinnvolle Maßnahmen, die Unternehmen aktuell ergreifen, um Kosten zu sparen (Prozentangabe: Anteil der in der Robert Half-Gehaltsübersicht-Studie 2023 vertretenen Unternehmen):

  • Prozesse automatisieren (26 %)
  • Produktionskosten reduzieren (25 %)
  • Versorgungskosten neu verhandeln (23 %)
  • Büroflächen verkleinern (18 %)
  • Günstigere Arbeitskräfte aus dem Ausland rekrutieren (18 %)
  • Auf Staff-Entertainment verzichten (17 %)
  • Geschäftsprozesse outsourcen (17 %)

Im Gehaltsgespräch auf den Einzelfall schauen

Bitten Angestellte wegen der Inflation um eine Gehaltserhöhung, gilt es, auf die individuelle Situation zu schauen und abzuwägen. Wer bereits ein vergleichsweise hohes Gehalt erhält, spürt die Inflation zwar auch, kann sie aber besser verschmerzen als Beschäftigte, die wenig verdienen. Auch sind Arbeitnehmende unterschiedlich gegenüber der Inflation exponiert. Mitarbeitende die zur Ausübung ihres Jobs einen Arbeitsplatz oder den Firmensitz ihres Arbeitgebers aufsuchen müssen, haben gestiegene Fahrtkosten wohl oder übel zu tragen im Vergleich zu Arbeitnehmenden, die ihrer Arbeit aus dem Homeoffice nachgehen können.

Fragen Mitarbeitende nach mehr Geld, lassen sich beispielsweise zugunsten eines permanent höheren Gehalts Boni reduzieren und so die Kosten halbwegs ausgleichen.

Ist eine Gehaltserhöhung zu dem Zeitpunkt nicht möglich, ist es besonders wichtig, sensibel auf das Gegenüber einzugehen. Ansonsten besteht das Risiko, dass gerade High-Performer sich anderweitig umsehen und das Unternehmen verlassen – und das ist in Zeiten des Fachkräftemangels auf jeden Fall zu vermeiden. Deshalb sollten Unternehmen auch in Krisenzeiten unbedingt darauf achten, dass ihre Beschäftigten zufrieden arbeiten – und sie noch enger an sich binden.

Inflationsausgleichsprämie als willkommene Finanzspritze

Neben einer permanenten Gehaltserhöhung können Arbeitgeber viele andere Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeitenden zu unterstützen. So stehen ihnen zahlreiche Alternativen zur Verfügung, die sie nutzen sollten.

Beispielsweise können Unternehmen ihren Angestellten seit Ende Oktober 2022 eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie zahlen, wie die Bundesregierung beschlossen hat. Diese Maßnahme ermöglicht es Arbeitgebern, ihren Beschäftigten bis Ende 2024 einen Betrag von bis zu 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei zu gewähren, entweder als Einmalzahlung oder gestückelt in Teilbeträgen.

Besser als die Gießkanne: individuelle Benefits

Neben der Inflationsausgleichsprämie existieren viele weitere Benefits, mit denen Unternehmen zu einer ausgeglichenen Work-Life-Balance ihrer Mitarbeitenden beitragen und sie dabei unterstützen, die Lebenshaltungskosten überschaubar zu halten. Zum Beispiel die Möglichkeit von Home-Office. Remote Work bringt eine Menge Vorteile mit sich: Beschäftigte sparen sich den Fahrtweg zur Arbeit – und Unternehmen benötigen weniger Büroräumlichkeiten. Eine Win-win-Situation! Gerade für Beschäftigte mit Kindern ist dauerhaftes Home-Office ideal.

Die perfekte Ergänzung zum Home-Office sind alternative Arbeitszeitmodelle. Nine-to-Five war gestern. Viele Angestellte freuen sich darüber, flexibel arbeiten zu können, etwa mit einem Arbeitszeitkonto. So lassen sich private Termine tagsüber erledigen, die Arbeit kann dann zu späterer Stunde nachgeholt werden.

Um die Beschäftigten darüber hinaus zumindest indirekt finanziell zu unterstützen, können Unternehmen Sachleistungen und Gutscheine anbieten, darunter zum Beispiel steuerfreie Tankgutscheine oder Verpflegungszuschüsse. Diese helfen im Alltag mitunter sogar mehr als ein etwas höheres Gehalt.

Wichtig: Arbeitgeber sollten nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden achten. Während sich manche Arbeitnehmende über technische Gadgets wie Tablet oder Handy freuen, ist anderen mit der teilweisen Übernahme von Kitakosten oder einem Jobticket weit mehr gedient.

Schafft Vertrauen: Inflationsausgleich proaktiv angehen

Die hohe Inflation stellt viele Unternehmen wie Beschäftigte aktuell vor beträchtliche Herausforderungen. Um diese erfolgreich zu meistern, sollten Arbeitgeber das Thema proaktiv angehen. Bedeutet, nicht warten, bis die Beschäftigten zu ihnen kommen – sondern konkret auf sie zugehen! Transparenz und Glaubwürdigkeit in der Kommunikation sind dabei essenziell.

Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen müssten inflationsbedingte Gehaltserhöhungen genau abwägen und an die eigene Zukunft denken. Doch zum Glück gibt es ja eine Menge Alternativen, die für Arbeitgeber wirtschaftlicher sind und Arbeitnehmende trotzdem deutlich entlasten. Welche das sein können, gilt es gemeinsam mit den Angestellten individuell herauszufinden. Und wenn Beschäftigte merken, dass sie ihr Arbeitgeber auch in Krisenzeiten unterstützt, werden sie motiviert und mit noch mehr Engagement für Sie tätig sein.

Auch in Zeiten hoher Inflation bleibt die Nachfrage nach talentierten Fachkräften hoch. Sie wünschen sich Unterstützung beim Rekrutieren? Wir übernehmen gern!

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