Viele Firmen sind seit Beginn der Corona-Krise dauerhaft im Home-Office. Das macht den Begriff “Work-Life-Balance” für viele Mitarbeiter zur reinen Theorie und die Mitarbeiterführung zu einer Herausforderung. Wie erkennen Sie, ob jemand an Stress und Überlastung zu knabbern hat – und wie können Sie ihm helfen?

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Im Home-Office sind gestresste Mitarbeiter schwieriger zu erkennen

Die Corona-Pandemie zwingt die Belegschaften vieler Unternehmen ins Home-Office. Dort sitzen die Mitarbeiter jeweils in ihrer ganz realen “Social Bubble”: Persönliche Kontakte gibt es lediglich zu Familienmitgliedern und vereinzelt zu Freunden. Der Austausch mit Kollegen oder dem Vorgesetzten findet dagegen (fast) ausschließlich per Telefon oder Videokonferenz statt. Das erschwert die zwischenmenschliche Kommunikation enorm.

In den Calls mit Ihren Mitarbeitern geht es naturgemäß vorrangig um Betriebliches: der neueste Stand bei Projekt XY, Abstimmung bei Arbeitsabläufen, Neuigkeiten aus dem Unternehmen. Manchmal geben Kollegen zur Auflockerung auch kleine Anekdoten aus ihrem Corona-Alltag zum Besten, über die alle gemeinsam lachen können. Das ist fürs Teamgefühl ungemein wichtig – wenn doch schon der Smalltalk auf dem Büroflur wegfällt.

Ob ein Mitarbeiter aber womöglich mit seinem Workload überlastet ist oder im Home-Office mangels fester äußerer Strukturen Probleme hat, kommt selten explizit zur Sprache und wird daher oft übersehen.  Schon gar nicht in großer Runde. Meist zeigt es sich erst an nachlassenden Arbeitsergebnissen – also dann, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Ist mein Mitarbeiter überlastet? Diese Anzeichen deuten darauf hin

Unzufriedene Mitarbeiter zu erkennen, ist bereits im normalen Büro-Alltag zuweilen eine Herausforderung für Vorgesetzte. Wie soll das dann erst vom Home-Office aus gehen, wenn der Mitarbeiter es nicht selbst anspricht? Es gibt durchaus einige Anzeichen, mit denen sich Stress und Überlastung bemerkbar machen.

Die Grundvoraussetzungen für das Deuten nonverbaler Signale sind in der Videokonferenz sicher nicht die besten: Die Teilnehmer sind nur ausschnittsweise in kleinen Bildschirm-Kacheln zu sehen. Gelegentlich ist die Beleuchtung nicht optimal, manchmal wird das Bild grobkörnig oder der Ton fällt aus. Das führt dazu, dass oft nur das Nötigste besprochen wird und für persönliche Belange wenig Zeit bleibt.

Diese Anzeichen für Überlastung können Sie aber auch bei semi-optimalen Bildverhältnissen erkennen:

Wenig Interaktion: In größeren Videokonferenzen gibt es immer Leute, die gern und viel reden, und solche, die eher zuhören und sich nur selten zu Wort melden. Das ist einfach Typsache. Nimmt ein Mitarbeiter aber an keinem Gespräch mehr richtig teil und wirkt stets etwas abwesend – etwa so, als hätte er die Kamera nur pro forma eingeschaltet, würde aber nebenbei noch in einem anderen Fenster weiterarbeiten –, dann ist das ein Alarmzeichen.

Denn möglicherweise ist der Mitarbeiter nicht einfach unhöflich oder desinteressiert. Vielleicht ist der Arbeitsdruck für ihn so hoch, dass er einfach nicht aufhören mag und sich nur zur Konferenz einschaltet, damit keine Nachfragen kommen.

Mangelnder Elan: Ihre Mitarbeiterin spricht sonst immer mit Begeisterung von ihren Projekten und baut manchmal noch den einen oder anderen Scherz ein. In letzter Zeit aber gibt sie einfach nur knapp den Stand wieder. Auch insgesamt wirkt sie eher angespannt als souverän und ist nicht zum Plaudern aufgelegt. Das deutet auf ein erhöhtes Maß an Unzufriedenheit hin. Überlastung könnte ein Grund dafür sein – in jedem Fall sollten Sie schnell herausfinden, woran es liegt.

Termine werden nicht eingehalten: Die Konferenz hat vor fünf Minuten begonnen, aber wo bleibt Kollege H. schon wieder? Da endlich schaltet er sich dazu – mit einem knappen Gruß und ohne Erklärung für die Verspätung. Dass jemand so sehr in seiner Arbeit versinkt, dass er den Konferenztermin vergisst, kann natürlich ab und an mal passieren. Im Home-Office fehlen schließlich die Kollegen, die einen kurz anstoßen und ans Meeting erinnern.

Kommt so etwas aber häufiger vor und kann der betreffende Mitarbeiter keinen nachvollziehbaren Grund angeben – etwa einen vorangegangenen Termin, der länger gedauert hat –, sollten Sie hellhörig werden. Besonders wenn Meetings einfach ganz vergessen werden.

Verspätete Antwort auf Nachrichten: Sie schreiben Ihrem sonst eigentlich zuverlässigen Mitarbeiter eine Nachricht, auf die er sehr verzögert oder gar nicht antwortet. Passiert das öfter, kann es darauf hindeuten, dass er gestresst ist und/oder ihm im Home-Office langsam Struktur und Selbstorganisation verloren gehen.

Ungewöhnliche Arbeitszeiten: Ach, Mitarbeiterin B. hat doch noch auf Ihre Mail geantwortet. Aber warum um 22:05 Uhr? Und war sie neulich nicht schon gegen 5 Uhr morgens online? Häufen sich solche Nachweise ungewöhnlicher Arbeitszeiten, sollten Sie das Gespräch suchen.

Sofern nicht die mit dem Partner während der Corona-Krise geteilte Kinderbetreuung der Hintergrund ist, kann es sein, dass die Mitarbeiterin vor lauter Arbeitsdruck Unmengen an heimlichen Überstunden leistet. Und das ist schließlich nicht gewollt. Denn wer überlastet ist und schon sein normales Pensum nur mit Extraschichten schafft, bringt keine positiven Impulse und Ideen mehr ein. Die mentale Gesundheit Ihrer Mitarbeiter ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.

So können Sie Mitarbeitern im Home-Office helfen und den Druck nehmen

In der Corona-Krise zeigt sich besonders deutlich, dass die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ihren Sinn hat. Lief sonst im Büro-Alltag vieles wie von selbst oder ließ sich mit einem kurzen Gespräch zwischen Tür und Angel klären, müssen Vorgesetzte jetzt aktiv werden. Sie müssen gestresste und im Home-Office kämpfende Mitarbeiter auf Kurs halten und ihnen verdeutlichen, dass ihre Tür – beziehungsweise das Video-Call-Fenster – bei Sorgen und Problemen jederzeit offen steht.

Dafür sollten Sie auch ohne konkreten Anlass regelmäßige kurze Gesprächstermine mit jedem Teammitglied einzeln ausmachen – mindestens einmal im Monat, bei offensichtlichen Problemen auch öfter. Fragen Sie konkret nach dem Befinden des jeweiligen Mitarbeiters und bringen Sie in Erfahrung, wie sein Arbeitsalltag läuft und ob seiner Meinung nach alles im grünen Bereich ist. Fühlt er sich vom Unternehmen gut unterstützt oder hakt es an Kleinigkeiten, die leicht zu beheben wären?

Hören Sie aktiv und empathisch zu und versuchen Sie auch, zwischen den Zeilen zu lesen. Nicht jeder reagiert auf Stress gleich und nicht jeder ist bereit, sich seine Überlastung anmerken zu lassen. Viele geben sich betont locker. Bleiben Sie geduldig und fragen Sie trotzdem jedes Mal, wie es dem Mitarbeiter geht.

Sorgen Sie für eine lockere Gesprächsatmosphäre. Wenn der Mitarbeiter sich öffnet und ein wenig Einblick in sein Privatleben gibt, kann Ihnen das relevante Einsichten bringen. Denn auch Stolpersteine wie ungünstige Arbeitszeiten des Partners, Schwierigkeiten beim Homeschooling der Kinder oder der erzwungene Verzicht auf Sport und Hobbys zehren an den Nerven. Diese und ähnliche Effekte können für noch mehr Druck bei der Arbeit sorgen und die Work-Life-Balance aus dem Gleichgewicht bringen.

Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, jederzeit sofort Bescheid zu geben, wenn ihnen das Arbeitspensum zu viel wird. Signalisieren Sie, dass Sie das nicht als Schwäche auslegen werden. Machen Sie deutlich, dass Sie um die Mehrbelastung wissen, die die Corona-Krise in allen Lebensbereichen mit sich bringt. Jeder möchte, dass sein Einsatz gesehen und wertgeschätzt wird. Aber zu viel Einsatz kann auch schädlich sein.

Überlegen Sie, was der jeweilige Mitarbeiter konkret braucht, um seine Belastung zu senken und wieder mehr Schwung und Freude bei der Arbeit zu entwickeln.

Fördern Sie eine Teamkultur der gegenseitigen Unterstützung!

Lassen Sie es nicht nur bei Einzelgesprächen: Fördern Sie den offenen Austausch in Ihrem gesamten Team. Kommunizieren Sie: Niemandem fällt ein Zacken aus der Krone, wenn er seine Grenzen anerkennt und meldet, dass er bestimmte Aufgaben nicht schafft und Unterstützung von Kollegen benötigt – schon gar nicht in der aktuellen Situation.

Sorgen Sie dafür, dass im Rahmen der Arbeitszeit kleine Zeitfenster offen bleiben, in denen es explizit nur um den gegenseitigen Austausch geht und die Arbeit für eine Weile Pause hat. 15 bis 30 Minuten pro Woche reichen oft schon aus. Das ist vor allem für neue Mitarbeiter eine gute Gelegenheit, die Kollegen etwas besser kennenzulernen. Nutzen Sie diese Gelegenheiten auch, um Ihre Unterstützung bei Stress und Überlastung anzubieten. Wer nicht in großer Runde darüber sprechen will, kann Sie ja anschließend direkt anschreiben.

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