In der IT-Branche sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Doch warum ist das eigentlich so? Fachkräftemangel und überdurchschnittliche Gehälter sind doch auch für weibliche Talente gute Gründe, sich endlich in die „Männerdomäne IT“ vorzuwagen.

Ada Lovelace und Grace Murray Hopper haben es bereits im 19. Jahrhundert vorgemacht. Marissa Mayer und Martina Koederitz zeigen es heute: Frauen können IT – und zwar wie. Lovelace schrieb 1843 die erste, unveröffentlichte Programmiersprache, Hopper leistete einen erheblichen Beitrag zur Programmiersprache COBOL, Mayer ist Vorstandsvorsitzende von Yahoo und Koederitz Geschäftsführerin von IBM Deutschland. Erfolgreiche Frauen in der IT – das ist doch nichts Besonderes, mag man denken. Fakt ist jedoch: Frauen sind in dieser zukunftsträchtigen Branche immer noch unterrepräsentiert.

Rund 15 % beträgt der weibliche Anteil in der deutschen IT-Branche derzeit, schätzt der Branchenverband Bitkom. Ein Blick auf den Nachwuchs liefert ein ähnliches Bild: Etwa 23 % der Informatik-Studienanfänger im Wintersemester 2014/15 waren weiblich und ganze 8 % der Auszubildenden im IT-Bereich sind Frauen. Im Rahmen unserer aktuellen Studie gaben lediglich 36 % der befragten 200 CIOs und CEOs in Deutschland an, dass sich die Anzahl an Frauen in IT-Berufen in ihrem Unternehmen in den vergangenen Jahren vergrößert habe.

Leuchtende IT-Vorbilder gesucht?

Warum Frauen den Berufsweg in die IT bisher so selten einschlagen, ist ungewiss. Eine weit verbreitete Auffassung ist, dass es der IT-Branche an leuchtenden Vorbildern fehlt. IBM-Chefin Koederitz ist jedoch kein Einzelfall in Deutschland: Hauke Stars ist seit 2012 Vorstandsmitglied der Deutschen Börse, Andrea von Aubel seit 2012 IT-Vorstand des Axa-Konzerns und Pamela Herget-Wehlitz seit Februar dieses Jahres Centerleiterin IT bei der Münchener MTU Aero Engines. 2016 wird mit Sabine Bendieck erstmals eine Frau die Geschicke von Microsoft Deutschland leiten. Auch bei der Deutschen Bank ist mit Kim Hammonds ab 2016 eine Frau als COO Teil der Firmenspitze. So viel zu fehlenden Beispielen.

Auch an einer schlechten Situation auf dem Arbeitsmarkt kann es kaum liegen, dass sich so wenige Frauen in den IT-Bereich vorwagen: Momentan gibt es laut Bitkom etwa 41.000 offene Positionen in der deutschen IT-Landschaft. IT-Profis steigen im Marktwert, wie unsere Übersicht über aktuelle Chancen beim Gehalt zeigt: Ein Netzwerkadministrator mit sechs bis neun Jahren Berufserfahrung verdient im kommenden Jahr beispielsweise bis zu 63.500 Euro. Softwareentwickler für Java erhalten bis zu 73.000 Euro. Gute Aussichten, warum schlagen also immer noch so wenige Frauen diesen Karriereweg ein?

Verschiedene Initiativen haben immerhin dazu geführt, dass sich mehr junge Frauen für typische „Männerberufe“ interessieren, und ihnen den Zugang erleichtert: Während 2001 am ersten deutschen Girl’s Day (einem Orientierungstag für MINT-Berufe) etwa 1.800 Mädchen teilnahmen, waren es 2015 über 100.000. Eigene IT-Studiengänge für Frauen, wie es sie in Berlin und Bremen gibt, und Netzwerke wie die Geekettes, die sich speziell für Frauen in der IT stark machen, sind weitere wichtige Entwicklungen auf dem Weg in eine gleichberechtigte IT-Welt. Sie senken die Hürde, vor der Frauen bei ihrer Berufswahl offenbar häufig noch stehen.

Der IT-Branche fehlt die weibliche Selbstverständlichkeit

Hierzu eine interessante Beobachtung: Studien zufolge fällt das Selbstbewusstsein von Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern in reinen Mädchenklassen höher aus als in gemischten Klassen. Wenn man die männerdominierte IT-Welt betrachtet, könnte dies einen wichtigen Hinweis liefern: Der Branche fehlt die weibliche Selbstverständlichkeit. Hat sich erst ein gewisser Prozentsatz von Frauen etabliert, könnte eine gleichmäßige Geschlechterverteilung in der IT in greifbare Nähe rücken. Denn je mehr Frauen in der IT-Branche vertreten sind, desto selbstverständlicher und attraktiver könnte eine Karriere in diesem Bereich auch auf andere Frauen wirken.

Doch nicht nur Frauen, auch Unternehmen müssen vor diesem Hintergrund umdenken. Um mehr weibliche Fachkräfte zu gewinnen, sollten sich potenzielle Arbeitgeber an deren Bedürfnissen orientieren, etwa mit flexibleren Arbeitszeitmodellen oder Angeboten zur Kinderbetreuung. Eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt, dass in diesem Bereich noch großer Nachholbedarf besteht. Zwar sprachen sich etwa 45 % der befragten Unternehmen gegen flexiblere Arbeitszeiten aus, doch insbesondere die IT-Branche zeigt zahlreiche Möglichkeiten, mit denen sich das klassische Arbeitszeitmodell aufbrechen ließe. Auch in Mentoring-Programmen zur Förderung weiblicher IT-Talente sehen 29 % der befragten IT-Verantwortlichen in unserer Studie großes Potenzial.

Wie der ideale Arbeitgeber aussehen muss

Viele Unternehmen versuchen, Karriere und Familienplanung verträglicher zu machen und Mütter langfristig zu binden. Dazu zählen nicht nur flexible Arbeitszeiten, sondern auch Angebote zur Kinderbetreuung oder Sonderurlaub bei Krankheit der Kinder. Einige amerikanische Firmen gehen mit „Social Freezing“ – dem Einfrieren von Eizellen – auch deutlich kreativere Wege.

Erfolg und Zufriedenheit im Job hängen am Ende aber nicht unbedingt von der Branche ab – sondern davon, ob man beim richtigen Arbeitgeber landet. Die Auswahl ist entscheidend. Das gilt auch für die IT-Branche, unabhängig vom Geschlecht der Bewerber. Je besser Unternehmen und Arbeitnehmer zusammenpassen, umso vielversprechender sind die Zukunftsaussichten.

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