Wenn die Mitarbeiter im Home Office statt vor Ort sitzen, ist das für viele routinierte Führungskräfte eine neue Erfahrung. Bewährte Methoden und Prinzipien aus dem Büro lassen sich nicht komplett auf diese Situation übertragen. Aber Führung kann auch auf Distanz gut funktionieren – wenn Sie die Besonderheiten virtueller Teams berücksichtigen.

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Bislang sind virtuelle Teams eher Ausnahme als Standard. Doch das Arbeiten aus dem Home-Office nimmt zu. Für manchen Mitarbeiter ist die Möglichkeit von Zuhause aus zu arbeiten ein echter Benefit, in manchen Fällen ist die Remote-Arbeit reine Notwendigkeit.

Was auch immer die Hintergründe sind – wenn das Team in Teilen oder sogar vollständig aus dem eigenen Blickfeld verschwindet, müssen sich Führungskräfte umstellen. Denn konventionelle Führungsmechanismen lassen sich nicht immer 1:1 auf virtuelle Teams übertragen. Um ein virtuelles Team erfolgreich zu führen, müssen die Prioritäten häufig neu sortiert werden.

Wie schafft man es, verstreute Individuen zu einem verschworenen, motivierten Team zusammenzuschweißen?

Klingt schwierig, ist aber mit der richtigen Führung durchaus möglich.

Kommunikation als Top-Priorität

Je weniger Sie Ihre Mitarbeiter sehen, desto mehr müssen Sie kommunizieren. Wer aus der Ferne führt, sieht nicht, wenn ein Mitarbeiter vor seinem Rechner verzweifelt. Es gibt keinen Plausch an der Kaffeemaschine, der Ihnen mehr über persönliche Befindlichkeiten verrät. Und auch interne Querelen werden womöglich hinter Ihrem Rücken ausgetragen. 

Erschwerend hinzu kommt, dass nicht jeder für Remote-Arbeit gemacht ist. Eine Studie unserer Kollegen von Robert Half in Kanada ergab, dass ein Viertel der Angestellten auf die Möglichkeit zum Home-Office verzichtete, weil sie Angst hatten, etwas zu verpassen oder übersehen zu werden.


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Jedem Fünften war es im Home-Office zu einsam. Finden sich solche Persönlichkeiten in virtuellen Teams wieder, sind Führungskräfte besonders gefordert. Gleiches gilt, wenn Teams es nicht gewohnt sind, remote zu arbeiten. 

  • Sorgen Sie dafür, dass ein konstanter Austausch stattfindet und sprechen Sie regelmäßig mit jedem Einzelnen. 
  • Stellen Sie sicher, dass Ihren Teammitgliedern alle erforderlichen Arbeitsmittel im Home-Office zur Verfügung stehen – das umfasst nicht nur die Hardware, wie Laptop und Telefon, sondern beispielsweise auch Tools und Zugänge.  
  • Achten Sie darauf, dass alle mit den benötigten Technologien vertraut sind. Im Home-Office kann der Kollege vom Schreibtisch nebenan nicht schnell zur Hilfe eilen.

Klare Regeln und Strukturen definieren

Bei Teams vor Ort ergeben sich viele Routinen und Strukturen quasi von selbst oder auf dem kurzen Dienstweg. Ihre Mitarbeiter wissen, wer wofür verantwortlich ist, wann welche Aufgabe erledigt werden muss, wer Entscheidungen trifft.

In virtuellen Teams fehlt die Möglichkeit, Dinge auf Zuruf zu klären. Erst recht, wenn Ihre Mitarbeiter zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Deshalb ist es entscheidend, dass jedem alle wichtigen Informationen zur Verfügung stehen, beispielsweise über Google Drive oder im Intranet.

Erstellen Sie Datenblätter oder auch Wikis für jedes Projekt oder jeden Arbeitsbereich, die für alle Teammitglieder zugänglich sind und die alle relevanten Informationen enthalten:

  • Hintergrundinfos und Projekthistorie
  • Aufgaben und Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams
  • Externe Ansprechpartner

Auch Projektpläne, Timelines sowie Einsatzpläne bzw. Infos zur jeweiligen Arbeitszeit der einzelnen Teammitglieder sollten Sie zentral und für alle erreichbar ablegen. Jeder muss wissen, was er bis wann erledigen muss.

Hilfreich ist es auch, einige verlässliche Regeln zu definieren, um Konflikte und Unstimmigkeiten zu vermeiden, dazu zählen:

  1. Pausenregelungen: Müssen Kollegen Pausen dem Team gegenüber anmelden? Sind längere Unterbrechungen okay, beispielsweise eine zweistündige Auszeit für eine ausgedehnte Joggingrunde?
  2. Technologienutzung: Welches Tool wird für welchen Zweck verwendet? Wann wird per Videocall, Messenger, E-Mail oder telefonisch kommuniziert?
  3. Kommunikationsrichtlinien: In welchem Zeitraum muss geantwortet werden? Wie sieht es mit Protokollführung aus? Sind Kommunikationsauszeiten zum konzentrierten Arbeiten erlaubt?

Kontakt ja, aber keine Kontrolle

Regelmäßiger Kontakt ist wichtig und sorgt für Struktur. Wenn es sich einrichten lässt, ist ein regelmäßiger kurzer Termin mit dem gesamten Team sinnvoll. Zum Beispiel ein virtuelles morgendliches Stand-up, bei dem jedes Teammitglied kurz erzählt, woran es gerade arbeitet und was für den Rest des Tages noch geplant ist. 

  • Damit holen Sie als Führungskraft diejenigen ab, die fürchten, im Home-Office nicht gesehen zu werden oder sich einsam fühlen. 
  • Denen, die remote weniger fokussiert arbeiten, gibt es Vorgaben für einen produktiven Tag.
  • Sie vermeiden, dass High Performer sich zu viel aufhalsen, wie eine Maschine durcharbeiten und darüber Pausen und Feierabend vergessen.

Die Herausforderung dabei: Sie müssen Ihre Teammitglieder einbinden und über ihre Arbeit auf dem Laufenden bleiben, aber Sie dürfen ihnen auf keinen Fall das Gefühl geben, sie zu kontrollieren. Das macht das Führen von Remote-Teams oft zu einem Balanceakt.

Für viele Führungskräfte ist das Gefühl fehlender Kontrollmöglichkeiten eine echte Herausforderung. Doch eines der wichtigsten Elemente für das erfolgreiche Führen virtueller Teams ist Vertrauen. Micromanagement ist hier absolut fehl am Platz und sorgt für Unzufriedenheit.

Regelmäßigen Sichtkontakt einplanen

Vor allem wenn Teammitglieder es nicht gewohnt sind, allein im stillen Kämmerlein vor sich hinzuarbeiten, sind gemeinsame Erlebnisse wichtig für ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Sehen sich Mitarbeiter täglich im Büro, entsteht Bindung automatisch. Wer Schreibtisch an Schreibtisch Herausforderungen meistert und gemeinsam Erfolge feiert, weiß schnell, wie die Kollegen ticken. 

Wer ein Remote-Team erfolgreich führen will, muss den Teamspirit im virtuellen Raum hegen und pflegen. Wichtig dabei: Sorgen Sie dafür, dass sich alle regelmäßig sehen! Zum Beispiel bei der bereits erwähnten morgendlichen Lagebesprechung. Wenn es nicht möglich ist, das Team an einen Tisch zu bringen, sind Videokonferenzen das Mittel der Wahl. 

Dadurch dass Ihre Mitarbeiter einander sehen, entstehen automatisch Nähe und ein besseres Verständnis untereinander. Wenn sie ihr Gegenüber anschauen können, während es spricht, verstehen sie dessen Art zu kommunizieren und auch dessen Humor sehr viel besser. Das hilft, Missverständnisse zu vermeiden – auch in der schriftlichen Kommunikation.

Ihnen als Führungskraft gibt der virtuelle Sichtkontakt sehr viel tiefere Einblicke, sowohl was die Stimmung im Team als auch das Befinden des Einzelnen betrifft. Deshalb sollten Sie vor allem kritische Gespräche bevorzugt per Videocall führen, damit Sie die Körpersprache lesen können.

Was Führungskräfte nicht vergessen dürfen, wenn sie auf Distanz führen: Es geht nicht nur ums Arbeiten, persönliche Beziehungen sind ebenfalls wichtig für ein starkes, produktives Team. Wer remote arbeitet, ist oft sehr fokussiert auf aufgabenbezogenen Austausch, Soziales fällt häufig hintenüber.

Eine einfache Lösung: Planen Sie bei virtuellen Meetings auch ein wenig Zeit für persönlichen Smalltalk ein – und gehen Sie dabei mit gutem Beispiel voran. Oder Sie richten einfach mal ein virtuelles Lunch-Date fürs gesamte Team ein, bei dem sie gemeinsam am Rechner essen und plaudern.

Work-Life-Balance etablieren und respektieren

Flexibles Arbeiten aus dem Home-Office bietet ohne Frage zahlreiche Vorteile. Verfechter dieses Modells argumentieren mit dem Wegfall langer Arbeitswege und der besseren Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben. Der Lohn für Unternehmen: Zufriedenere, loyale Mitarbeiter.

Grassieren Viruserkrankungen, ist es zudem eine Möglichkeit, Angestellten mehr Sicherheit zu geben und gleichzeitig Infektionsrisiken zu minimieren. Das gilt in Zeiten der Corona-Krise ebenso wie bei der nächsten Grippewelle.

Statt für eine bessere Work-Life-Balance zu sorgen, kann Remote-Arbeit aber auch das Gegenteil bewirken. Hochmotivierte Mitarbeiter laufen Gefahr, im Home-Office zu echten Workaholics zu mutieren. Beim Führen auf Distanz ist es deshalb unerlässlich, dass Sie in Ihrem Team ein Bewusstsein für die richtige Work-Life-Balance schaffen.

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und definieren Sie für sich selbst klare Arbeitszeiten. Machen Sie deutlich, dass es auch im Home-Office einen Feierabend gibt – und halten Sie sich selbst daran! Das beinhaltet, dass Sie die von jedem Einzelnen definierten Arbeitszeiten respektieren und sie nicht außerhalb dieser Zeiten kontaktieren. Erwarten Sie keine Antwort von Kollegen, die offline sind.

Fazit: Freunden Sie sich mit digitaler Führung an

Auch wenn Sie vielleicht nur umständehalber aus der Distanz führen – sehen wir den Tatsachen ins Auge: Remote-Arbeit wird in Zukunft weiter zunehmen. Die Zahl rein virtueller Teams wird steigen. Und selbst wenn der Großteil Ihres Teams vor Ort sitzt, müssen womöglich einzelne Remote-Arbeiter integriert werden. Gute Gründe für Führungskräfte, sich jetzt für die digitale Zukunft gut aufzustellen.


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Bildquelle: © Domenico Loia - Unsplash