Gekommen, um zu bleiben: Selbst wenn die Corona-Pandemie irgendwann überwunden ist – die neuen Arbeitsformen, für die sie gesorgt hat, werden überdauern. Bereits jetzt ist ortsunabhängiges Arbeiten längst kein exotisches Modell für digitale Nomaden mehr. Welchen Einfluss das auf Unternehmen und Arbeitnehmer hat, zeigt der aktuelle Arbeitsmarkt-Report von Robert Half.

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Standard statt Benefit: Home-Office ist etabliert

“Es kann nur besser werden!” – so das Credo sowohl von Unternehmen als auch vieler Arbeitnehmer für das noch junge Jahr. Für 2021 sehen viele die Weichen auf wirtschaftlicher Erholung und Aufschwung stehen. Der weltweite Trend zu ortsunabhängigem und hybridem Arbeiten sowie die Erschließung neuer Geschäftsfelder vor allem im Online- und E-Commerce-Umfeld sorgen offenbar für Optimismus - und haben einen spürbaren Einfluss auf das Recruiting in Deutschland, wie eine aktuelle Untersuchung von Robert Half zeigt.

Der von Robert Half in Zusammenarbeit mit Burning Glass Technologies erstellte Arbeitsmarkt-Report 20211 liefert interessante Erkenntnisse, wie sehr die Corona-Pandemie die Arbeitswelt verändert hat.

  • Hybrides Arbeiten von zu Hause und im Büro ist bei einem Großteil der befragten Unternehmen in Deutschland (86 %) mittlerweile fester Bestandteil der Arbeitswelt.
  • Die Anzahl der Stellenausschreibungen, bei denen Home-Office möglich ist, ist seit Beginn der Corona-Pandemie um 54 % gestiegen. (Erhebungszeitraum: März bis November 2020)
  • Insbesondere bei Positionen für Assistenz- und Office-Fachkräfte (+ 72 %) sowie im Finanz- und Rechnungswesen (+ 28 %) haben Home-Office-Optionen deutlich zugenommen. In der IT stiegen sie um 6 %.

Sven Hennige, Deutschland-Chef bei Robert Half, spricht im Interview mit dem FINANCE Magazin darüber, wie sich die Zusammenarbeit im Team durch Corona verändert hat:

Ortsunabhängiges Arbeiten, dezentrale Belegschaften

Die zunehmende Flexibilität deutscher Belegschaften bezüglich des Arbeitsortes ist eines der Kernthemen des aktuellen Arbeitsmarkt-Reports. Was vor Ausbruch des Coronavirus oft ein unerreichbarer Wunschtraum für Arbeitnehmer war, ist durch die Pandemie zum Alltag geworden. Und wird es wohl in vielen Unternehmen auch nach überstandener Corona-Krise bleiben – zumindest in Teilen. Als inzwischen etablierter Bestandteil der Arbeitswelt wird hybrides Arbeiten nicht einfach wieder von der Bildfläche verschwinden.

Schließlich bieten solche Modelle beiden Seiten Vorteile:

  • Unternehmen können agiler agieren, beschleunigen ihre digitale Transformation und können sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren.
  • Arbeitnehmer profitieren von mehr Flexibilität, die zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen kann.

Gleichzeitig stellt der Trend zu dezentralen Belegschaften Unternehmen vor neue Herausforderungen: Das Engagement der Mitarbeiter muss nun auf Distanz hochgehalten werden. Klassische Maßnahmen zur Mitarbeitermotivation funktionieren in hybriden Teams oftmals nicht mehr. Manager müssen zudem lernen, an zwei Fronten zu führen und ein feines Gespür für das Wohlbefinden ihrer Teams entwickeln.<7p>

Klar ist aber auch, dass sich nicht jeder Job gleich gut für ortsunabhängiges Arbeiten eignet. In diesen Bereichen sind die Voraussetzungen für Home-Office-Potenzial nach Einschätzung der befragten Entscheider in deutschen Unternehmen besonders gut:

IT-BereichFinance-BereichKaufmännischer Bereich
1. Systemanalyse und -sicherheit1. Lohn- und Gehaltsbuchhaltung1. Kommunikation (intern und extern)
2. DevOps-Management2. Buchhaltung2. Vertrieb
3. Backend-/Frontend-Entwicklung3. Vermögensverwaltung3. Logistik und Projektmanagement
4. Datenbankadministartion4. Risiko-/Compliance-Management4. Kundenservice
5. Cloud Engineering5. Kreditmanagement5. Beschaffung

Optimistische Arbeitnehmer dank neuer Freiheiten

Trotz anhaltender Einschränkung sind Arbeitnehmer zumindest in Bezug auf ihre beruflichen Perspektiven im neuen Jahr optimistisch gestimmt.

  • 67 % schätzen ihre Karriereaussichten für 2021 durchaus positiv ein.
  • 57 % rechnen zudem mit einer Gehaltserhöhung im laufenden Jahr.

Ebenfalls zur positiven Stimmung beitragen dürfte die Etablierung flexibler Arbeitsformen auf Seiten der Unternehmen, die für 59 % der befragten Arbeitnehmer weiterhin im aktuellen Ausmaß bestehen werden. Damit kommen Arbeitgeber ihren Wünschen entgegen. Denn nicht einmal jeder Zehnte möchte nach überstandener Pandemie wieder vollständig ins Büro zurückkehren. 

Dauerhaft im Home-Office arbeiten wollen allerdings nur 22 %. Die Mehrheit der Arbeitnehmer (70 %) bevorzugt ein hybrides Modell, das ihnen die Wahl lässt, wo sie arbeiten. Verwaisen werden die Unternehmensstandorte dabei keineswegs: Der Großteil der Angestellten (68 %) möchte maximal an drei Tagen pro Woche vom heimischen Schreibtisch arbeiten, viele würden das Angebot sogar nur an einem oder zwei Arbeitstagen nutzen.

Flexibles Arbeiten setzt neue Trendthemen in der HR

Ortsunabhängiges Arbeiten wird bleiben, hybride Teams werden zum Standard. Das setzt neue HR-Trends.

  1. Talentpool wird zum Ozean: Wenn Remote-Arbeit zum Standard wird, besteht kein Grund mehr, nur regional nach Kandidaten mit dringend benötigten Skills zu suchen. Das vergrößert die Auswahl enorm, kann aber schnell unübersichtlich werden. Bei Bedarf unterstützen unsere Personalberater Sie gerne bei der Suche nach passenden Remote-Kräften.
  2. Gehalt und Benefits bleiben trotzdem ein entscheidender Faktor: Die Kehrseite – Fachkräften mit gefragten Fähigkeiten stehen ebenfalls mehr Karriereoptionen offen. Deshalb bleibt das Gehalt ein wichtiger Faktor, um im War for Talents wettbewerbsfähig zu bleiben und die vorhandene Belegschaft zu binden. Frühere Benefits wie Home-Office oder kostenloses Lunch-Angebot ziehen nicht mehr.
  3. Investitionen verschieben sich: Möglicherweise können Unternehmen durch die aktuelle Entwicklung Flächen verkleinern und damit Kosten senken. Dafür verursachen dezentrale Arbeitsmodelle an anderer Stelle Kosten: Investitionen in Technologien sind meist unvermeidbar, um sichere und reibungslose Remote-Arbeit zu ermöglichen. Ausgaben für zeitgemäße Benefits für Mitarbeiter, etwa im Bereich physische und psychische Gesundheit, sind sinnvoll.
  4. Andere Fähigkeiten rücken in den Fokus: Zum einen wird die Arbeitswelt digitaler und macht mehr technische Skills unverzichtbar. Zum anderen erfordert das teilweise Wegbrechen des direkten Kontakts aber auch ausgeprägte soziale und interpersonelle Kompetenzen. Das gilt insbesondere für Führungskräfte.
  5. Onboarding und Offboarding muss auch remote funktionieren: Mit dem Onboarding von neuen Mitarbeitern im Home-Office mussten sich viele Unternehmen während des Lockdowns notgedrungen anfreunden. Jetzt gilt es diesen Prozess systematisch zu etablieren, ebenso wie Standards für das Offboarding aus der Ferne.

Sind Ihre Gehälter und Benefits in der neuen, hybriden Arbeitswelt wettbewerbsfähig? Ausführliche Informationen zu aktuellen Recruiting- und Gehaltstrends sowie Gehälter für Positionen im kaufmännischen Bereich, im Finanz- und Rechnungswesen sowie in der IT finden Sie in der aktuellen Gehaltsübersicht von Robert Half. Jetzt kostenlos herunterladen!

Zugang zur Gehaltsübersicht

1 Die Studie wurde im Dezember 2020 im Auftrag von Robert Half durchgeführt. Befragt wurden 1.500 Manager mit Personalverantwortung (General Manager, CIOs, CFOs) in kleinen (50-249 Mitarbeiter), mittelgroßen (250-499 Mitarbeiter) und großen (500+ Mitarbeiter) Unternehmen in Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien (je 300 Teilnehmer).

Bildquelle: © Nathan Dumlao - unsplash.com