Die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel lassen sich nicht wegdiskutieren. Für die Zukunft der Arbeit bedeutet das: Neue Wege finden, Mitarbeiter zu gewinnen, aber vor allem auch zu halten. Das gelingt nur, wenn die Führungskultur im Unternehmen passt. 

Ob Roboter uns demnächst die Arbeit wegnehmen, habe ich kürzlich in einem anderen Blogpost zur Diskussion gestellt. Die Quintessenz: Alles ändert sich, kein Grund zur Panik. Nun dreht auch der Branchenverband IT und Telekommunikation (Bitkom) am Rad der Zeit und würde gerne wissen, wie wir in Zukunft arbeiten. Immerhin: Das klingt schon nicht mehr so schwarzmalerisch, wie eine Studie der Universität Oxford prophezeit: Wir arbeiten immerhin noch und sind nicht vollständig von Robotern aussortiert worden.

Mitarbeiterbindung muss höchste Priorität bekommen

Zugegeben: Die Frage ist trotzdem berechtigt. Denn dass alles so weiterläuft wie bisher, ist vermutlich das unwahrscheinlichste aller Zukunftsszenarien. Der vielzitierte Fachkräftemangel lässt sich nun mal nicht wegdiskutieren, ebenso wenig wie die demografische Entwicklung.

Immer weniger Fachkräfte stehen zur Verfügung, immer mehr Tätigkeiten müssen zwangsläufig automatisiert werden. 89 % der Befragten in einer Umfrage von Robert Half halten es bereits jetzt für eine große oder sehr große Herausforderung, qualifizierte Fachkräfte zu finden.

Nun können die Unternehmen nur wenig dazu beitragen, der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken. Was sie aber tun können – oder besser: tun müssen, und zwar mit höchster Priorität – ist, ihre Mitarbeiter an sich zu binden.

Denn nur wer sich als attraktiver Arbeitgeber positioniert und seinen Mitarbeitern langfristig in allen Bereichen Perspektiven bietet, wird sich zukünftig von den Mitbewerbern im Kampf um Talente abheben. Das betrifft in erster Linie die Führungskultur von Unternehmen.

Ein wichtiger Faktor ist dabei die Wertschätzung, die Mitarbeiter erfahren, beispielsweise durch die Einbindung in Entscheidungsprozesse oder die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen. In der Studie von Robert Half gaben mehr als die Hälfte der befragten HR-Mitarbeiter an, dass eine offene und transparente Kommunikation das wesentliche Schlüsselelement auf dem Weg zur Vertrauensbildung ist.

Lernen von den Jüngeren

Was das heißt, machen einige äußerst erfolgreiche Unternehmen vor. Bei Spotify etwa, dem führenden Musik-Streaming-Anbieter. Rund 60 Millionen Nutzer hat das Unternehmen, etwa 800 Menschen arbeiten in der Firmenzentrale in Stockholm. Feste Arbeitszeiten gibt es hier nicht. Allerdings wird der direkte Kontakt sehr gepflegt: Bei regelmäßigen Podiumsdiskussionen mit den Gründern kann jeder Mitarbeiter Fragen stellen.

Für die Mitarbeiter zählt das mehr, als die zahlreichen Freizeitmöglichkeiten oder ein überdurchschnittliches Gehalt. Ernst genommen zu werden und sich aktiv an der Zukunft des Arbeitgebers beteiligen zu können, spielt für die Generation Y eine wichtige Rolle.

Glaubt man den ersten Prognosen, wird sich das auch langfristig nicht ändern, im Gegenteil. So sagt der Jugendforscher Klaus Hurrelmann voraus, dass die neue Jugendgeneration politisch von sich reden machen werde, vermutlich in den Feldern Partizipation, Datensicherheit und Demografie. Gleichzeitig stünden die Jugendlichen nicht mehr so unter Stress und hätten wieder Zeit, über das Leben und die Gesellschaft nachzudenken. Hurrelmann nennt sie deshalb „Generation R“, wobei das R für „relaxed“ steht, also entspannt.

Immer schneller und schneller – oder doch lieber etwas entspannter?

Vielleicht wäre das auch eine gute Herangehensweise für Unternehmen: Nicht die Veränderung um jeden Preis herbeiführen, sondern akzeptieren, dass sich eine Kultur auch etablieren muss. Was in Startups vielleicht von Beginn an funktioniert, lässt sich in bestehenden Firmen nur langsam und nur von oben nach unten institutionalisieren.

Hilfreich kann es da natürlich sein, Managern Know-how in Form von personeller Unterstützung an die Seite zu stellen, die Raum für neue Aufgaben schaffen. Während sich beispielsweise ein Interim Manager um das Tagesgeschäft kümmert oder Teilaufgaben übernimmt, können sie sich um die Mitarbeiter kümmern – es muss ja nicht gleich eine Podiumsdiskussion à la Spotify sein.

Ein entspanntes Gespräch in der Kaffeeküche trägt unter Umständen auch schon dazu bei, dass sich Mitarbeiter ernst genommen fühlen. Denn letztendlich ist ein entspannter Chef auch ein Vorgesetzter, bei dem man gerne bleibt.

Die interne Kommunikation von morgen ist (auch) digital

So wichtig das direkte Gespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitern ist, so wenig dürfen sich Transparenz und Offenheit auf analogen Austausch beschränken. Die technische Entwicklung stellt längst digitale Tools zur Verfügung, die die Kommunikationsmöglichkeiten auf ein neues Level heben. Im Zuge der Social Collaboration werden soziale Netzwerke immer häufiger firmenintern eingesetzt, um Mitarbeiter aus den verschiedensten Abteilungen miteinander zu verbinden und ihnen parallel Zugang zu wichtigen Produkt- und Kundeninformationen zu geben.

General Electric bedient sich beispielsweise des sozialen Netzwerks Chatter, um Service- und Vertriebsmitarbeiter auf der ganzen Welt miteinander in Dialog zu bringen – und ihnen zeitgleich wichtige Betriebsdaten zugänglich zu machen, rund um die Uhr. So herrscht nicht nur Informationsgleichheit, sondern auch Einblick in die Arbeitsprozesse der Kollegen und Unabhängigkeit von Zeitzonen.

Das ist gerade, aber nicht ausschließlich, für international operierende Unternehmen ein Vorteil: Einblick in die Aufgaben, Fortschritte – aber auch Probleme und Herausforderungen – der Kollegen kann nicht nur die Zusammenarbeit erleichtern, sondern auch Verständnis, Teamarbeit und damit die Identifikation mit dem Arbeitgeber erhöhen. Um Mitarbeiter zu halten, müssen Unternehmen auch digital enger zusammenwachsen – und es wäre ein großes Versäumnis, die bereits vorhandenen Möglichkeiten nicht wenigstens zu prüfen.

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