Während Sie auf den Idealkandidaten warten, passiert vor allem eines: Es vergeht Zeit! Und die ist bekanntlich Geld. Eine zu lange Time-to-hire kann erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben und im schlechtesten Fall sogar eine zukunftssichere Aufstellung verhindern. Welche Folgen ein schleppender Einstellungsprozess hat und wie Personaler gegensteuern können.

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Schnellere Besetzung nach Corona Fehlanzeige

Die Time-to-hire ist in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und damit für viele Personaler zu einer kritischen Benchmark geworden. Diverse Untersuchungen hierzu kamen in der Vergangenheit zu ähnlichen Schlüssen, auch wenn die ermittelte Durchschnittsdauer variierte. Sie lag jedoch übereinstimmend bei über 100 Tagen. Unternehmen brauchten also im Schnitt mehr als drei Monate, um offene Stellen zu besetzen. 

Wer gehofft hatte, dass sich dieses Problem dadurch löst, dass aufgrund der Corona-Krise mehr Fachkräfte auf dem Markt sind, hat sich geirrt. Im Gegenteil: Die Time-to-hire dürfte auf dem Post-Corona-Arbeitsmarkt sogar noch an Bedeutung  gewonnen haben. Die Pandemie hat zwar für einige Stellenstreichungen gesorgt. Noch viel stärker befeuert sie aber die Nachfrage nach bereits zuvor begehrten Fachkräften. 

Das gilt vor allem für IT-Experten, die angesichts des Digitalisierungsschubs durch die Pandemie gefragter sind als je zuvor. Doch auch in anderen Bereichen steigt die Nachfrage nach Mitarbeitern mit neuen Skills. Viele Unternehmen haben im Zuge der Corona-Krise neue Geschäftsfelder erschlossen und sind längst wieder auf Wachstumskurs. Bereits für das erste Halbjahr 2021 planten 17 % der Unternehmen, sich personell zu verstärken, wie eine von Robert Half durchgeführte Umfrage zeigt. Weitere 29 % wollen entstandene Personallücken schließen.

Doch schneller als vor der Pandemie werden Stellen offenbar nicht besetzt – trotz des verschärften Wettbewerbs um Talente und neuer Möglichkeiten im Rekrutierungsprozess, etwa durch Video-Interviews. Laut aktueller Daten der Arbeitsagentur dauerte es im April 2021 im Schnitt 114 Tage, bis die Besetzung einer offenen Stelle abgeschlossen war.

Gründe für lange Besetzungszeiten

Was läuft schief? Die Ursachen für derart lange Einstellungsprozesse sind vielfältig. Ein Grund kann sein, dass Unternehmen ungeeignete Kanäle für Stellenausschreibungen nutzen, über die die gewünschte Zielgruppe nicht erreicht wird. Oder die Stellenbeschreibung ist nicht eindeutig und die Kandidaten entsprechen nicht den Vorstellungen der jeweiligen Fachabteilungen.

Ein weiterer Faktor für den langsamen Bewerbungsprozess ist die Erwartungshaltung von Personalentscheidern, den Idealkandidaten zu finden. Sie haben klare Wünsche, welche Soft- und Hard-Skills ihr neuer Mitarbeiter mitbringen sollte. Dabei verpassen sie es, Bewerbern eine Chance zu geben, die nicht alle Anforderungen erfüllen, aber dringend benötigte Kompetenzen und großes Potenzial mitbringen. Häufig erkennen sie erst viel zu spät im Bewerbungsprozess, wie hinderlich ihr Perfektionismus in Zeiten des War for Talents ist.

Auswirkungen einer schlechten Time-to-hire

Die überhöhten Ansprüche im Recruiting-Prozess ziehen eine Kette von Problemen nach sich: 

  • Geeignete Kandidaten gehen zur Konkurrenz, weil der Wunscharbeitgeber zu lange zögert. Der Bedarf nach einer sofortigen Anstellung ist größer als die Motivation zu warten.  
  • Geplante oder bereits angestoßene Prozesse geraten ins Stocken, weil dafür benötigte Kompetenzen fehlen und nicht kurzfristig intern aufgebaut werden können. Mittelfristig gefährden Unternehmen dadurch ihre Zukunftsfähigkeit
  • Das bestehende Personal muss Arbeitsaufwände aufgrund unbesetzter Stellen abfedern, wodurch es zu Überlastungen kommen kann. Mögliche Folgen sind ein steigender Krankenstand und eine höhere Fluktuation.
  • Die Reputation der Arbeitgebermarke leidet unter dem umständlichen Recruiting-Prozess, weil frustrierte Bewerber ihre Negativerfahrung beispielsweise auf Bewertungsportalen teilen.
  • Personaler müssen im schlimmsten Fall den Recruiting-Prozess von Neuem starten. 

Lösungswege: Anforderungen und Potenziale erkennen

Es profitiert also nicht nur die Arbeitgeberseite von einer kürzeren Time-to-hire, sie ist auch im Sinne der vorhandenen Belegschaft und der Bewerber. In manchen Fällen erfordert es grundlegendes Umdenken, um den Recruiting-Prozess zu optimieren. Dafür lässt sich an vielen Stellschrauben ohne größeren finanziellen Einsatz drehen.

  1. Versteifen Sie sich nicht auf Kandidaten, die ein Stellenprofil quasi zu 100 % erfüllen. Laden Sie auch Bewerber ein, auf die 60 oder 70 % der Anforderungen zutreffen. Zum einen ist es noch lange keine Garantie für eine Idealbesetzung, wenn auf dem Papier alles passt.  Zum anderen lassen sich weniger wichtige fachliche Skills auch noch on-the-job aneignen.
  2. Daraus ergibt sich folgende Aufgabe für Sie: Priorisieren Sie die Anforderungen für die Stelle. Welche Kompetenzen sind unabdingbar und welche eher ein „Nice-to-have“? Anhand der Priorisierung können Sie eine erste Auswahl treffen. Die Gefahr dabei ist, dass Sie zu viele Bewerber einladen, was die Time-to-hire wiederum erhöht.
  3. Beschränken Sie sich daher nur auf eine bestimmte Anzahl an Kandidaten. Unsere langjährige Erfahrung in der Personalvermittlung zeigt, dass vier bis sechs Bewerber in der engeren Auswahl in der Regel ideal sind. Nutzen Sie außerdem weitere Kanäle wie Referenzen ehemaliger Arbeitgeber und Kollegen, um ein umfassenderes Bild über interessante Jobanwärter zu bekommen.
  4. Müssen Sie regelmäßig größere Mengen an Bewerbungen bewältigen, lohnt es sich, in entsprechende IT-Lösungen zu investieren. Durch automatisierte Prozesse kann das zeitaufwendige Sichten der eingegangenen Bewerbungen erheblich beschleunigt werden. Bewerbermanagement-Software ermöglicht es, die Unterlagen einfach zu verwalten und mit anderen Beteiligten zu teilen. Das sorgt für Transparenz und erleichtert die Bewertung von Kandidaten.
  5. Ziehen Sie Freelancer oder Interim Manager als Übergangslösung in Erwägung. Wenn sich unter den eingegangenen Bewerbungen kein geeigneter Kandidat finden lässt, kann ein Freelancer die negativen Auswirkungen der unbesetzten Stelle womöglich abmildern. Selbstständige Experten sind oft kurzfristig verfügbar und können schnell dringend benötigtes Know-how ins Unternehmen bringen. Zudem sind sie es gewohnt, sich schnell in neuen Arbeitsumgebungen zurechtzufinden und effizient zu arbeiten. Damit können sich Unternehmen den Druck nehmen, eine Vakanz aus Zeitnot suboptimal besetzen zu müssen.

Ihr Time-to-hire ist trotz all der genannten Maßnahmen zu hoch? Das Team von Robert Half unterstützt Sie bei der Kandidatensuche. Einfach Ihre Anfrage hier starten und einer unserer Mitarbeiter meldet sich umgehend bei Ihnen:

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