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Bleiben Konflikte am Arbeitsplatz unbeachtet, bedrohen sie auf Dauer den Betriebsfrieden oder das ganze Unternehmen. Deshalb sollten Führungskräfte Streitfällen in ihrem Team gewissenhaft nachgehen. Gefragt ist ein aufmerksames Konfliktmanagement, das Probleme früh erkennt und löst.

Streit im Büro kostet Zeit, Nerven und Geld

Produktivität und Erfolg eines Unternehmens hängen stark von der Motivation und Leistungsfähigkeit seiner Belegschaft ab. Im besten Fall ergibt sich daraus ein fruchtbares Miteinander auf allen Ebenen: Die Arbeit geht reibungslos von der Hand und innerhalb der Teams und Abteilungen fördert ein gesunder Wettbewerb das jeweilige Potenzial.

Dieses Ideal lässt sich allerdings nicht immer erreichen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, von denen zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz zu den häufigsten gehören. Vor allem dann, wenn sie sich über längere Zeit manifestieren, können sie das Betriebsklima vergiften. Jeder Streit im Büro kostet Zeit und Nerven. Das betrifft nicht nur die direkt Beteiligten. Denn der Unmut, der von ihnen ausgeht, kann auf andere Beschäftigte oder sogar auf ganze Abteilungen ausstrahlen.

Diese Auswirkungen können ungelöste Konflikte am Arbeitsplatz haben:

  • weniger Output und mehr Fehler, dadurch mehr Reklamationen 
  • ein höherer Krankenstand und mehr Kündigungen, entsprechend stärkere personelle Fluktuation
  • schlechte Arbeitsatmosphäre
  • höhere Kosten

Das ist bei kleineren und gelegentlichen Streitereien sicherlich nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Ab und zu untereinander klare Worte zu sprechen, kann viele Probleme aus der Welt schaffen. Dennoch sollten Vorgesetzte immer wachsam sein und die Gründe für jeden Ärger in ihrem Verantwortungsbereich kennen. Nur dann ist ihnen effektives betriebliches Konfliktmanagement möglich. Dessen Ziel ist:

  • optimale Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden und Abteilungen
  • Arbeitszufriedenheit stärken
  • Konfliktsituationen erkennen
  • Streitigkeiten beilegen
  • Konfliktursachen vermeiden

Verzichten Unternehmen auf schlichtende Maßnahmen, müssen sie mit finanziellen Verlusten rechnen. Für den Bundesverband Mediation errechnete der Jurist und Mediator Dr. Detlev Berning beispielsweise, dass die Konfliktkosten bei einem mittelständischen Unternehmen in die Millionen gehen können.

Wie Konflikte im Unternehmen eskalieren können, hat der österreichische Wissenschaftler Friedrich Glasl erforscht und 1980 in einem Modell zusammengefasst. Es besteht aus drei hauptsächlichen Konfliktphasen. 

  • 1. Hauptphase (win-win): Konflikte am Arbeitsplatz tauchen auf, lassen sich aber für alle Beteiligten sachlich und annehmbar lösen. Teilweise ergeben sich daraus sogar konstruktive und positive Impulse.
  • 2. Hauptphase (win-lose): Der Streit verschärft sich und inhaltliche Argumente spielen nur noch eine Nebenrolle. Stattdessen kommt es zu Intrigen und Machtspielen, die letztlich zu einem Verlierer in dem Konflikt führen. Anschließend verschlechtert sich das Betriebsklima mittelfristig.
  • 3. Hauptphase (lose-lose): Die Fronten verhärten sich so sehr, dass es nicht mehr um die Sache geht. Jede Seite will die andere bezwingen – auch wenn sie dabei selbst oder sogar das gesamte Unternehmen untergeht.

Die Ursachen für Konflikte am Arbeitsplatz

Erfolgreiches Konfliktmanagement in Ihrem Unternehmen setzt voraus, dass Sie als Führungskraft ein Frühwarnsystem für tiefgehende Differenzen in Ihrem Verantwortungsbereich besitzen. Alarmiert sein sollten Sie, wenn Ihre Mitarbeitenden …

  • kaum noch miteinander sprechen.
  • viel über andere lästern.
  • durch ihre Körpersprache Ablehnung zeigen.
  • Anweisungen ignorieren.
  • leicht reizbar sind.
  • deutlich weniger Leistung erbringen als gewohnt.

Nehmen Sie über einen längeren Zeitraum diese oder ähnliche Signale wahr, ist Handeln angeraten. In welcher Weise, hängt auch von den Ursachen der Konflikte am Arbeitsplatz ab. Die können sehr individuell sein, doch gibt es eine Anzahl von typischen Gründen, die immer wieder für Streit im Büro sorgen.

  • Zwischenmenschliches: Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat eine eigene Persönlichkeit, die sich nicht immer mit der anderer verträgt. Auslöser für daraus entstehende Animositäten können beispielsweise schlechte Erfahrungen oder Vorurteile sein.
  • Abwehrreaktionen: Fühlen sich Menschen in die Enge getrieben, reagieren sie auf unterschiedliche Weise. Während einige sich zurückziehen, suchen andere den Angriff, um sich zu schützen.
  • Privates: Konflikte mit Partner*innen oder der Familie gehören eigentlich nicht ins Büro. Dennoch wirken sie sich oft negativ am Arbeitsplatz aus. Die Betroffenen sind etwa unkonzentriert oder leicht reizbar. Außenstehende verstehen dann den Grund dafür oft nicht. 
  • Sachfragen: Oft entsteht in einem Team Streit darüber, wie eine Aufgabe zu lösen ist. Das ist durchaus normal. Dennoch sollten Sie Konflikte dieser Art genau beobachten und lösen, damit sie sich nicht wiederholen oder verfestigen.
  • Missverständnisse: Eine ungenaue Anweisung oder Kommunikation kann schnell zu Meinungsverschiedenheiten führen. Bemerken Sie das, sollten Sie die Angelegenheit umgehend klarstellen.
  • Konkurrenzdenken: Zwischen Mitarbeitenden oder Teams kommt es schon mal zu Neid. Gründe sind beispielsweise unterschiedliches Gehalt oder eine als ungerecht empfundene Budgetverteilung.
  • Stress: Auch vermeintlich schwer miteinander vereinbare Ziele unterschiedlicher Abteilungen lösen Konflikte am Arbeitsplatz aus. Zum Beispiel dann, wenn von zwei kooperierenden Einheiten die eine Geld sparen soll und die andere von ihr gleichzeitig mehr Output verlangt.

Konfliktmanagement: Diese Methoden helfen

Streit am Arbeitsplatz können Sie nur durch Kommunikation mit allen Beteiligten lösen. Am besten beginnen Sie – dem Ansatz zum Konfliktmanagement nach Glasl folgend – bereits in der ersten Hauptphase damit.

Wenig zielführend sind dabei Machtworte nach dem Motto: “Jetzt ist aber Schluss mit dem Streit!” Solche Maßnahmen helfen nur kurz, weil die Kontroversen auf diese Weise nicht behoben werden und weiter schwelen – bis zum nächsten Ausbruch. Wie es besser geht, wollen mehrere Konfliktmanagement-Methoden zeigen. Dazu drei Beispiele.

Das LEAF-Modell (englisches Akronym aus Listen, Empathise, Apologise und Fix) eignet sich besonders gut für eine frühe Konfliktphase, wenn die Fronten noch nicht verhärtet sind.

  • Listen bedeutet, sich gegenseitig zuzuhören und aussprechen zu lassen.
  • Empathise bedeutet, sich in sein Gegenüber verständnisvoll hineinzuversetzen und sich ehrlich zu fragen, wie man selbst in dessen Lage gehandelt hätte.
  • Apologise bedeutet, sich bereitwillig für sein eigenes Verhalten zu entschuldigen, wenn dieses der Situation und dem Gegenstand des Konflikts nicht angemessen war.
  • Fix bedeutet, gegebenenfalls Lösungen anzubieten bzw. die andere Seite um Vorschläge zu bitten, damit sich künftiger Streit in der Angelegenheit vermeiden lässt.

Bei größeren oder länger andauernden Konflikten am Arbeitsplatz bietet sich beispielsweise das vierteilige KULT-Modell (Akronym aus Klärung, Ursachen, Lösung und Transfer) an.

  • Klärung bedeutet, die Motive für den Streit im Büro zu analysieren. Es geht dabei um den (oberflächlichen) Anlass der Meinungsverschiedenheit sowie darum, wer daran beteiligt ist.
  • Ursachen bedeutet, mehr über die konkreten, tiefliegenden Gründe herauszufinden. Das können Sie in Einzelgesprächen erreichen und durch weitere Recherche im Team.
  • Lösung bedeutet, dass Sie die Parteien um Vorschläge bitten, die die Situation bereinigen können. Gemeinsam sollten Sie dann einen konkreten Lösungsweg finden und vereinbaren.
  • Transfer bedeutet, dass Sie die Lage weiter beobachten und kontrollieren, ob die gewählte Lösung im Alltag umgesetzt wird.

Ebenfalls vier wesentliche Aspekte des Konfliktmanagements in Unternehmen beschreibt das Harvard-Modell.

  • Im Mittelpunkt der Lösungsfindung müssen die Sachprobleme stehen. Persönliche Animositäten dürfen dabei keine Rolle spielen.
  • Entscheidend ist es, die tiefliegenden Ursachen eines Konflikts herauszuarbeiten. Ansonsten kann das Konfliktmanagement nur oberflächlich bleiben und nicht anhaltend erfolgreich sein.
  • Eine dauerhafte Lösung erfordert meist Kompromisse von allen beteiligten Parteien.
  • Die vereinbarte Übereinkunft muss von sämtlichen Seiten anerkannt werden, und das auf Grundlage von objektiven Kriterien.

Abgesehen von den beschriebenen Modellen gibt es noch andere grundsätzlich sinnvolle Elemente, um Konflikte am Arbeitsplatz zu erkennen und vor allem zu lösen. Hier eine Auswahl.

  • Laden Sie zwei streitende Mitarbeitende zu einer Aussprache unter Ihrer Leitung ein. Achten Sie währenddessen darauf, dass ein sachlicher Ton herrscht, und verhalten Sie sich neutral. Vermitteln Sie zwischen den Parteien und erarbeiten Sie gemeinsam eine Lösung.
  • Sie können die Gesprächsleitung im Rahmen einer Mediation auch an eine neutrale Person (andere Führungskraft, Betriebsratsmitglied, externe Mediator*innen) abgeben. Wichtig ist, dass diese entsprechende (psychologische) Kenntnisse sowie Erfahrungen mit diesem Format der Streitschlichtung hat.
  • Geht es um abteilungsübergreifende Konflikte oder strukturelle Probleme in Ihrem Unternehmen, können Sie auf eine Supervision zurückgreifen. 

So lassen sich Konflikte vermeiden

Konfliktmanagement kann viel bewirken, bindet allerdings auch Ressourcen. Deshalb ist es besser, es gar nicht erst zu tiefgreifenden Streitigkeiten kommen zu lassen. Das lässt sich mit einer guten Konfliktprävention erreichen. Dazu gehören beispielsweise …

  • entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte.
  • eine faire und wertschätzende Unternehmenskultur, um Probleme offen ansprechen zu können.
  • ein stets sachlicher Umgang aller Beteiligten mit Konflikten.
  • gewissenhafte Mitarbeitergespräche und regelmäßiges Feedback, sodass Ursachen für Probleme früh erkannt und behandelt werden können.

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