Gefühlt bekommen Sie im Home-Office gar nichts mehr mit, was in Ihrem Unternehmen passiert – oder erst dann, wenn es die Firmenleitung offiziell verkündet? Kein Wunder, denn der Smalltalk auf dem Gang oder an der Kaffeemaschine fehlt. Es gibt aber Möglichkeiten, den virtuellen Flurfunk zu fördern. Das ist nicht nur fürs Wohlbefinden wichtig.

In diesem Artikel lesen Sie:

Funkstille im Home-Office: “Hast du schon gehört?” – “Nein, woher denn?”

Nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie haben es viele Berufstätige leidvoll erlebt: Das Home-Office hat zwar manchen Vorteil, aber eben auch einige Nachteile. Aus sozialer Sicht ist der wohl größte Schwachpunkt der Remote-Arbeit der Mangel an sozialen Kontakten. Es fehlen Gespräche, die über die eigentliche Arbeit hinausgehen. Mit den spontanen Treffen auf dem Gang oder in der Kaffeeküche entfällt auch der Smalltalk mit den Kollegen und mit Mitarbeitern aus anderen Abteilungen.

Das kann zu einem Gefühl der Isolierung fühlen, denn Kommunikation ist ein menschliches Bedürfnis. Sie ist wichtig fürs Wohlbefinden und hilft, Dampf abzulassen. Gute Führungskräfte achten darauf, in regelmäßigen Abständen kurze Video-Meetings für das gesamte Team anzubieten, deren Ziel der persönliche Austausch und die Stärkung des “Wir-Gefühls” ist.

So mancher Mitarbeiter fragt sich aber trotzdem: Bekomme ich hier zu Hause überhaupt noch mit, was im Unternehmen vor sich geht? Welche neuen Mitarbeiter fangen bald an oder welchen Kunden konnten wir neu gewinnen? Wer geht, weil er angeblich ein Angebot von der Konkurrenz bekommen hat? Wo ist vielleicht etwas in Schieflage geraten oder droht gar eine Entlassung?

Viele dieser Informationen trug vor Corona zuverlässig der Flurfunk weiter, noch bevor sie offiziell bekannt gemacht wurden. Aber wenn die Flure leer sind, wird auch nicht gefunkt – oder? Ganz so einfach ist es nicht. 

Warum der Flurfunk so wichtig fürs Wohlbefinden ist

Wo Menschen zusammenkommen, wird geredet. Der Flurfunk nimmt dabei eine besondere Rolle ein. Er ist mehr als nur belangloser Smalltalk: Er ist die abteilungsübergreifende, inoffizielle Kommunikationsschiene des Unternehmens. Eingeweihte wissen über wichtige Neuerungen und Entscheidungen Bescheid, lange bevor die Führungsebene ein offizielles Statement an alle abgibt.

Vielfach basiert der Flurfunk auf zufälligen Zusammentreffen an der Kaffeemaschine oder vor dem Kopierer. Wer welche Infos an wen weiterträgt, ergibt sich daraus oft ebenso zufällig. Da steht zum Beispiel die sympathische Kollegin, die bis vor Kurzem noch in derselben Abteilung gearbeitet hat – und nach dem ersten “Wie geht’s?” weiß sie direkt etwas Interessantes über ihren neuen Vorgesetzten und ihre neuen Kollegen zu berichten. Keine Indiskretionen, aber durchaus nette Anekdoten. 

Besonders aktive Flurfunker wissen ihre Vorteile zu nutzen, was andere später durchaus als unfair empfinden können: Wer “ganz im Vertrauen” als erster erfährt, dass sich eine Führungskraft wegbeworben hat, hat auch mehr Zeit und Gelegenheit, sich unter der Hand als Nachfolger für die frei werdende Stelle zu empfehlen. 

Nicht alles aber, was der Flurfunk zu berichten weiß, ist für jeden Zuhörer auch inhaltlich relevant. Die Grenzen zwischen Gerüchten, brisanten Infos, lustigen Geschichten und schlichtem Smalltalk sind fließend. Ein gutes Gefühl entsteht oft schon dadurch, dass man mit anderen reden kann, sich austauscht und etwas Neues erfährt – gleichgültig, ob man davon persönlich betroffen ist oder nicht. Auf diesem Weg lassen sich oft auch Unklarheiten früh ausräumen und aufkommende Konflikte im Keim ersticken, was wiederum dem Arbeitsklima nützt. 

Anfang 2021 war die Smartphone-App Clubhouse in aller Munde: Dort treffen sich Menschen zu virtuellen Gesprächsrunden in öffentlichen oder privaten “Räumen”, können reden, zuhören, sich austauschen – also fast wie auf dem Flur vor dem Büro. Vermutlich war es kein Zufall, dass der Clubhouse-Trend in Deutschland genau mit der zweiten Welle der Corona-Pandemie begann, als der Lockdown verschärft wurde und immer mehr Menschen wieder ins Home-Office zurückkehren mussten. 

Der Flurfunk hat nicht aufgehört – er hat sich nur verlagert

Umso größer ist der Unmut, wenn man vom informellen Informationsfluss abgeschnitten ist. Denn Clubhouse und Video-Calls hin oder her: Den authentischen, spontanen Charakter des Flurfunks können virtuelle Treffen nicht ersetzen. Das bedeutet aber nicht, dass es ihn nicht mehr gibt. Wichtige Entwicklungen im Unternehmen gibt es weiterhin laufend – und damit auch das Bedürfnis der Mitarbeiter, darüber möglichst früh und umfassend Bescheid zu wissen. Und die Informationen finden trotz Home-Office irgendwie ihren Weg. 

Flurfunk findet unter Corona-Bedingungen eher im offiziellen Rahmen statt und wird damit umso exklusiver. Zuvor konnte jeder Mitarbeiter im Büro oder auf dem Flur potenziell jeden anderen treffen. Das geht derzeit nicht. Dafür gewinnen für den informellen Austausch fest etablierte Kommunikationsstrukturen und -runden an Bedeutung: der wöchentliche Abteilungsleiter-Call zum Beispiel. Wer nicht an einem solchen Meeting teilnimmt, hört auch nicht, was eventuell kurz vorm Auflegen, nachdem die ersten Teilnehmer die Runde vielleicht bereits verlassen haben, noch unter: “Übrigens, aber das ist noch nicht offiziell... ” die Runde macht. 

Vor allem in Firmen mit hybriden Arbeitsmodellen – ein Teil der Mitarbeiter sitzt im Home-Office, ein Teil im Büro – besteht auf Dauer die Gefahr eines Ungleichgewichts beim informellen Austausch. Denn wer vor Ort ist, bekommt natürlich automatisch mehr mit und kann sich am Flurfunk umso reger beteiligen. Und das sogar wie früher direkt von Angesicht und Angesicht.

Wer aber im Home-Office sitzt und wenig geplante Meetings hat, fühlt sich leicht abgehängt. Wenn doch einmal eine Information durchdringt, fehlt wiederum die Möglichkeit, im nächsten Schritt eigene Gedanken, Hoffnungen und Befürchtungen dazu zu teilen. 

Wie Führungskräfte den informellen Austausch unterstützen können

Der Flurfunk ist Fluch und Segen zugleich: Er kann im schlechtesten Fall Indiskretionen Raum geben und Gerüchte hochkochen lassen – aber er bietet gleichzeitig auch Anlass, kursierende Unwahrheiten auszuräumen und klare Worte zu sprechen. Nicht zuletzt erfüllt er – wie oben angesprochen – einfach das menschliche Bedürfnis nach Kommunikation. 

Diese Bedeutung des Flurfunks müssen Führungskräfte im gefühlt unendlichen Home-Office-Lockdown erkennen und ernst nehmen. Am besten ergreifen sie präventive Maßnahmen und verhindern, dass ein Informations-Ungleichgewicht entsteht.

Zum einen müssen sie selbst mehr auf ihr Kommunikationsverhalten achten und im Zweifel einfach mehr kommunizieren als vor Corona. Sie sollten jede Information prüfen: Kann oder sollte ich dazu vielleicht meinem Team schon etwas sagen? Spricht sich das sowieso herum? Gerade negative Neuigkeiten – wenn Kollegen gehen oder Kunden abwandern – verbreiten sich auch ohne offizielles Statement schnell.

Vorgesetzte sollten ihre Mitarbeiter darauf hinweisen, dass sie immer ein offenes Ohr haben und Unsicherheiten, die das Unternehmen betreffen, gern angesprochen werden dürfen. Natürlich bei Bedarf unter vier Augen. Außerdem sollten Führungskräfte dem Flurfunk bewusst einen Rahmen geben. Das geht auch im Home-Office: etwa durch informelle Termine, an denen der Vorgesetzte auch mal bewusst nicht teilnimmt. Das nimmt die Hemmungen davor, aktuelle und brisante Themen im Kollegenkreis anzusprechen und die eigenen Gedanken dazu zu äußern.

 Im Fokus stehen sollten zudem unternehmensinterne Kommunikationstools wie etwa das Social Intranet. Bietet es den Mitarbeitern sinnvolle Möglichkeiten, sich auszutauschen? Wie kann man die Menschen auch abteilungsübergreifend zusammenbringen? Hier gibt es viele Möglichkeiten, den Flurfunk am Leben zu erhalten. 

Ein Jahr Corona-Pandemie kann vieles verändern – auch die eigenen Vorstellungen vom Job. Sie möchten sich beruflich verändern? Wir helfen Ihnen bei der Suche. 

Lebenslauf hochladen

Bildquelle: © Ahmed Hasan - unsplash.com