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Bescheidenheit ist eine Zier, doch bisweilen fehl am Platz. Etwa im Bewerbungsgespräch. Dort sollen Sie mit Ihren Stärken auftrumpfen und sich selbst professionell vermarkten. Damit das gelingt, analysieren Sie im Vorfeld Ihre Stärken – und Schwächen – und bringen dann im Vorstellungsgespräch die Eigenschaften, die Sie für den Arbeitgeber besonders attraktiv und wertvoll machen, geschickt unter. 

Frage „Was sind Ihre Stärken?” fällt heute eher selten direkt

Auch wenn wir uns ungern selbst loben: Im Bewerbungsprozess geht es genau darum. Früher war das relativ einfach: Personalverantwortliche lieferten den Bewerber*innen mit Fragen wie: „Was sind Ihre Stärken?”oder „Was ist Ihre größte Stärke?“ eine Steilvorlage. Heute wird die Frage in dieser direkten Form eher selten gestellt, denn auch Recruiter gehen mit der Zeit und wissen, dass sich Bewerber*innen mithilfe von Ratgebern gezielt vorbereiten und auf diese Frage im Zweifel Standardantworten abliefern.

Trotzdem sollten Sie Ihre Stärken im Bewerbungsgespräch unbedingt unterbringen und damit einen guten bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber wie lassen sich Stärken im Vorstellungsgespräch am besten beschreiben?

Überlegen Sie vor dem Bewerbungsgespräch: Welche Stärken passen zur Stelle? 

Zunächst einmal: Im Bewerbungsgespräch geht es nicht darum, wahllos eine große Anzahl Ihrer Stärken aufzuzählen. Das wirkt zum einen unglaubwürdig. Zum anderen sollten Sie gute Eigenschaften, die für Sie sprechen, mit Bedacht auswählen. Sie sollten immer zu den  Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle passen. 

Nehmen wir an, Ihre Stärke ist smartes Networking. Bislang waren Sie erfolgreich als IT-Projektmanager*in tätig. Dann bekommen Sie eine Einladung für ein attraktives Stellenangebot in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines innovativen Unternehmens, das als kreativer Marktführer gilt.

Was, glauben Sie, wird im Vorstellungsgespräch mehr überzeugen: Ihre Stärke als Netzwerker*in oder Ihre Kreativität? Selbstverständlich letztere! Ganz wichtig also: Nennen Sie genau die Stärken im Vorstellungsgespräch, die für den Job relevant sind – selbstverständlich nur, wenn Sie diese auch besitzen. 

Was sind nun Ihre Stärken? Finden Sie es mit einer Analyse heraus!

Ihre fürs Bewerbungsgespräch relevanten Stärken erkennen Sie am besten mit einer Stärken-Schwächen-Analyse. Der Vorteil daran: So arbeiten Sie gleichzeitig Ihre eigenen Unzulänglichkeiten heraus. Denn die Schwächen versuchen Personalverantwortliche im Vorstellungsgespräch bekanntlich ebenfalls gern herauszukitzeln. Beginnen Sie jedoch zunächst mit den Stärken, so führen Sie sich gleichzeitig vor Augen, was Sie bereits alles können und erreicht haben.

Schritt 1: Starten Sie mit einer genauen Lektüre der Stellenanzeige und – falls vorhanden – der Karriere-Website des Unternehmens. Finden Sie heraus:

  • Worauf legt die Firma besonders großen Wert? 
  • Für welche Werte und Ziele steht das Unternehmen?
  • Welche Fachkenntnisse und welche Soft Skills werden gesucht?

Details dazu finden Sie in der Regel auf der Unternehmenswebsite im Bereich  „Über uns” oder  „Presse”. Selbstverständlich googeln Sie auch nach dem Unternehmen. Neben den allgemeinen Suchergebnissen stoßen Sie eventuell auf aufschlussreiche Informationen in aktuellen Medienberichten oder Kommentaren auf Bewertungsplattformen, die Ihnen weiterhelfen. 

Schritt 2: Suchen Sie in Ihrer Vita Beispiele, mit denen Sie die Stärken nachweisen können, die für das Unternehmen relevant sind. Hier geht es nicht darum, dass Sie nur Tätigkeiten oder Aufgaben nennen, die Sie bereits bei einer früheren Stelle gemeistert haben. Vielmehr sollten die Beispiele Ihre persönlichen Stärken, die für den neuen Job relevant sind, im Vorstellungsgespräch veranschaulichen.

Die Ergebnisse tragen Sie idealerweise stichpunktartig in einer Liste zusammen. Machen Sie sich im Anschluss an die Stärken auch Gedanken über Ihre Schwächen. Bis zum Bewerbungsgespräch sollten Sie die Stärken-Schwächen-Analyse soweit parat haben, dass Sie sie auf Nachfrage souverän und anhand von Beispielen erörtern können.

Beispiele für persönliche Stärken – elegant verpackt

Aber wie beschreiben Sie Ihre Stärken am besten – und wie viele sollten Sie nennen? Zunächst: Jeder Mensch hat mehr als nur eine Stärke. Deshalb sollten Sie im Vorstellungsgespräch nicht nur eine einzige gute Eigenschaft von sich aufführen. Doch auch zu viele sollten es nicht sein, das könnte leicht überheblich wirken. Idealerweise legen Sie sich deshalb vorher auf maximal drei Stärken im Vorstellungsgespräch fest.

Einige Beispiele für persönliche Stärken im Vorstellungsgespräch haben wir nachfolgend zusammengetragen, inklusive eines Vorschlags, wie Sie Ihre Trümpfe elegant verpacken:

  • Flexibilität: Sie haben öfter Aufgaben außerhalb Ihres eigentlichen Verantwortungsbereichs übernommen? Oder sind kurzfristig als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung eingesprungen? Ihnen macht es nichts aus, Ad-hoc-Projekte freiwillig zu übernehmen? Das sind gute Beispiele, die beweisen, dass Flexibilität als Stärke nicht nur eine Floskel für Sie ist.
  • Selbstständigkeit: Sie haben in Projekten proaktiv die Arbeitsabläufe optimiert? Legen Sie genau dar, wie Sie Ihre Ideen umgesetzt haben. Zum Beispiel: Eine unklare Abgrenzung der Aufgaben hat zu doppelter Bearbeitung und Konflikten geführt. Sie haben anhand der jeweiligen Erfahrungen und Stärken der Beteiligten eine Neuverteilung angeregt und damit zu einer deutlichen Effizienzsteigerung beigetragen. Wenn Sie dazu noch konkrete Zahlen liefern können, haben Sie diese Stärke ins Vorstellungsgespräch perfekt eingebracht.
  • Organisationstalent: Wer sich selbst gut organisiert, arbeitet effizient und kann zuverlässig einschätzen, wie viel Arbeit er*sie in einem bestimmten Zeitraum schafft. Das ist eine Fähigkeit, die nicht jede*r besitzt. Sie überzeugen mit dieser Stärke, indem Sie im Vorstellungsgespräch vorrechnen, wie viel Zeit Sie für ein bestimmtes Projekt veranschlagen würden, das im neuen Job auf Sie zukommen wird.
  • Kreativität: Haben Sie in Ihrer Vergangenheit Probleme durch eher unkonventionelle Herangehensweise gelöst oder neue Produkte angeregt? Mitarbeitende, die „outside the box“ denken, sind für jedes Unternehmen eine Bereicherung. Im Bewerbungsgespräch können Sie diese Stärke beweisen, indem Sie kreative und clevere Rückfragen stellen. Welche Fragen im Vorstellungsgespräch generell gut ankommen – und welche nicht, erfahren Sie in unserem Beitrag „Diese 10 Fragen dürfen Sie im Vorstellungsgespräch nie stellen“.

Und was ist mit den Schwächen?

Konzentrieren Sie sich bei Ihrer Analyse zur Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch nicht nur auf Ihre Stärken, sondern auch auf Ihre Schwächen. Denn es ist gut möglich, dass Sie danach ebenfalls gefragt werden. Und dann sollten Sie unbedingt eine gute Antwort parat haben. Denn wer die Frage nach der eigenen Schwäche herunterspielt oder gar nichts dazu sagt, wirkt unreflektiert und im Zweifel unsympathisch bis arrogant. Denn fehlerlos ist bekanntlich niemand.

Im Zuge Ihrer Stärken-Schwächen-Analyse arbeiten Sie Ihre Schwächen ohnehin schon heraus und können sich vor dem Bewerbungsgespräch überlegen, wie Sie diese bei Nachfrage präsentieren. Denn wer seine Schwächen im Vorstellungsgespräch souverän zugeben kann, zeigt, dass er*sie ehrlich und selbstkritisch zu den eigenen Unzulänglichkeiten steht. Eine Eigenschaft, die bei Personaler*innen gut ankommt.

Dabei ist es allerdings wichtig, dass Sie Lösungsansätze und gute Vorsätze zu Ihren Schwächen gleich mitliefern. Das zeigt, dass Sie konstruktiv sind und den Ehrgeiz haben, sich weiter zu verbessern.

Was sind Ihre größten Stärken und Schwächen? Diese Floskeln sollten Sie vermeiden

Leider vernachlässigen viele Bewerber*innen ihre Stärken-Schwächen-Analyse und greifen im Vorstellungsgespräch auf allgemeine Floskeln als Antwort zurück, wenn entsprechende Fragen aufkommen. Diese überzeugen Personalverantwortliche längst nicht mehr. Deshalb sollten Sie Ihre Stärken keinesfalls wie in den folgenden Beispielen verpacken:

  • „Unter Stress komme ich erst richtig in Schwung.“ Unter diesem Satz versteht Ihr Gegenüber, dass Sie Probleme damit haben, Projekte und Aufgaben realistisch zu planen und sich erst unter Zeitdruck anstrengen. Sagen Sie lieber, dass Sie auch unter Zeitdruck gut arbeiten und nicht den Überblick verlieren, wenn es mal stressig wird.
  • „Ich kann gut mit Kritik umgehen.“ Diese Äußerung kann auch so interpretiert werden, dass Sie häufig kritisiert werden und Ihnen entsprechend schon oft Fehler unterlaufen sind. Sprechen Sie lieber davon, dass Ihnen sachliche Kritik willkommen ist, wenn sie dazu dient, Arbeitsabläufe zu optimieren. Lösungen zu finden, ist Ihnen wichtiger als Ihr Ego!
  • „Ich bin sehr kommunikativ.“ Hier verstehen Personalverantwortliche, dass Sie mehr Zeit für Bürotalk verwenden als für Ihre eigentlichen Aufgaben. Erklären Sie lieber, dass Sie ein großes berufliches Netzwerk haben und wissen, wer in welcher Frage Ansprechpartner*in ist.
  • „Ich lerne gern dazu.“ Dieser Satz kann auch so ausgelegt werden, dass Sie in Ihren bisherigen Jobs meist überfordert waren und mehr Zeit damit verbrachten, sich einzuarbeiten, als Ihre Arbeit zu erledigen. Sagen Sie lieber, dass Sie Ihr Fachwissen ständig auf dem neuesten Stand halten und beispielsweise zuletzt eine entsprechende Schulung absolviert haben.

Auch im Hinblick auf die Schwächen gibt es Standardfloskeln, auf die Sie besser nicht zurückgreifen: 

  • „Ich bin zu perfektionistisch.“ Sie möchten eigentlich sagen, dass Sie sehr genau und gründlich arbeiten – doch Ihr Gegenüber versteht im Zweifel, dass Sie sogar zu perfektionistisch sind, um Ihre Schwächen konstruktiv zuzugeben.
  • „Ich bin sehr ungeduldig.“ Diesen Satz kann Ihr Gegenüber so interpretieren, dass Sie übertriebenen Ehrgeiz besitzen und zu schnell zu viel auf einmal wollen. Dabei möchten Sie doch eigentlich ausdrücken, ein*e Macher*in zu sein und Dinge nach vorn bringen zu wollen.

Die eigenen Stärken – und Schwächen – im Vorstellungsgespräch gut und ehrlich zu verkaufen, ist eines der zentralen Ziele jedes Bewerbungsgesprächs. 

Die Stärken-Schwächen-Analyse sollte deshalb immer ganz am Anfang Ihrer Vorbereitungen stehen. Gerne helfen Ihnen unsere Personalberater*innen dabei und unterstützen Sie bei der Jobsuche.

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Bildquelle: @ Miguel Bruna - unsplash.com


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