Überstunden sind für die viele deutsche Arbeitnehmer* Alltag. EU-weit machen die Deutschen am meisten davon – pro Jahr sind es allein rund 800 Millionen Überstunden, die bezahlt werden. Hinzu kommt jede Menge Mehrarbeit, die wie selbstverständlich geleistet wird.

Aber welche gesetzlichen Regelungen gibt es zu Überstunden? Darf der Arbeitgeber sie anordnen und inwieweit lassen sie sich auszahlen?

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?

Die Begriffe Überstunden, Mehrarbeit oder Zusatzstunden bezeichnen die Arbeitszeit, die über das vertraglich vereinbarte Soll hinausgehen. Ihre reguläre Arbeitszeit ist genau festgelegt in:

  • einem Arbeitsvertrag,
  • einem Tarifvertrag oder
  • einer Betriebsvereinbarung.

Auch das Arbeitsrecht, genau genommen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), ist für Überstunden relevant, denn es schreibt die maximal zulässige reguläre Arbeitszeit vor. Diese liegt für Angestellte in der Regel bei acht Stunden pro Werktag – dies ist die sogenannte gesetzliche Regelarbeitszeit. Allerdings geht das Gesetz von sechs Werktagen pro Woche aus. Dementsprechend darf die Wochenarbeitszeit in Deutschland 48 Stunden nicht überschreiten.

Wer mehr arbeitet, leistet Überstunden oder Mehrarbeit. Auch wenn diese beiden Begriffe oft synonym verwendet werden: Aus rechtlicher Sicht gibt es einen Unterschied:

  • Mehrarbeit leistet ein Arbeitnehmer, der über die genannte gesetzliche Regelarbeitszeit von durchschnittlich acht Stunden pro Werktag hinaus im Einsatz ist.
  • Überstunden beziehen sich auf die Arbeitszeit, die über die Arbeitszeit hinausgeht, die vertraglich festgelegt ist.

Oft ergeben sich in beiden Fällen dieselben Grenzen bei der Arbeitszeit und damit dieselben Konsequenzen. Anders ist die Lage, wenn die vereinbarte Arbeitszeit deutlich unter der Regelarbeitszeit liegt, etwa bei Teilzeitbeschäftigten. Dann macht ein Arbeitnehmer längst Überstunden, bevor die laut Gesetz festgelegten acht Stunden Regelarbeitszeit erreicht sind.

Wie viele Überstunden sind erlaubt?

„Muss ich eigentlich Überstunden machen? Und sind jeden Tag Überstunden überhaupt erlaubt?“ – diese Fragen hat sich wohl fast jeder Arbeitnehmer schon einmal gestellt, wenn es in der Firma gerade hoch herging. Rein rechtlich gesehen ist die Lage eindeutig: Sie sind nicht zu Überstunden verpflichtet, die über die zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen. Verlangen darf Ihr Arbeitgeber Überstunden nur in zwei Fällen:

  • in Krisen- oder Notfallsituationen
  • bei besonderem betrieblichen Bedarf

Krisen- und Notfallsituationen sind aus arbeitsrechtlicher Sicht ausschließlich Situationen, die für das Unternehmen existenzbedrohlich und nicht vorhersehbar sind, beispielsweise wenn Betriebsgebäude durch einen Brand beschädigt wurden. Eine rein betriebswirtschaftliche Krise, zum Beispiel eine schlechte Auftragslage, ist hingegen keine Krisensituation, die Überstunden rechtfertigt. Anders ist die Lage beim sogenannten besonderen betrieblichen Bedarf. Darunter fallen beispielsweise zeitgebundene Großaufträge, die für das Unternehmen von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind. Wird hier die Zeit knapp, darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, um den Vertrag zu erfüllen.

Dabei müssen folgende Vorgaben eingehalten werden:

  • Die tägliche Arbeitszeit darf nur vorübergehend auf maximal zehn Stunden erhöht werden.
  • Für diese Überstunden muss innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich geschaffen werden.
  • An Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet werden.
  • Die gesetzliche Ruhezeit von mindestens elf Stunden nach Beendigung des Arbeitstages muss eingehalten werden. Ausnahmen ergeben sich durch entsprechende Tarifverträge oder branchenspezifische Regelungen. Beispielsweise bei Notdienstplänen in Krankenhäusern, die Feiertagsarbeit beinhalten.

Verboten ist die Anordnung von Überstunden in folgenden Fällen:

  • Die Arbeitnehmerin ist schwanger und dem Arbeitgeber ist das bekannt.
  • Bei einer Teilzeitstelle, wenn im Tarifvertrag nichts anderes vereinbart ist.
  • Wenn der Arbeitnehmer noch nicht volljährig ist. Freiwillige Überstunden müssen innerhalb von drei Wochen ausgeglichen werden.
  • Bei Schwerbehinderung und einer Überstunden-Freistellung gemäß § 124 SGB IX.

Wann und für wen gelten Sonderregelungen?

Keine Regel ohne Ausnahme – das gilt auch beim Thema Überstunden. Sonderregelungen kommen für Führungskräfte zum Tragen. Für sie gilt das Arbeitszeitgesetz nicht, leitende Angestellte schulden ihre volle Arbeitskraft dem Unternehmen. Sie müssen für das Unternehmen verfügbar sein, soweit es zeitlich erforderlich ist. Führungskräfte müssen also Überstunden leisten, wenn dies der Arbeitgeber verlangt. Allerdings fällt nicht jede Führungskraft automatisch unter diese Sonderregelung. Vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen sind Sie erst, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen auf Sie zutrifft:

  • Sie haben die Befugnis, Mitarbeiter einzustellen oder zu entlassen.
  • Sie haben Handlungsvollmacht oder Prokura.
  • Sie führen Aufgaben in unternehmerischer Funktion aus.
  • Sie beziehen ein Gehalt, das für leitende Angestellte im Unternehmen üblich ist.

Auch Einzelvereinbarungen bilden eine Ausnahme. Unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes ist es Ihnen überlassen, wie viele Überstunden Sie mit Ihrem Arbeitgeber aushandeln. Dabei reicht eine mündliche Absprache oder stillschweigende Übereinkunft.

Betriebsvereinbarungen zwischen Unternehmen und Betriebsräten können ebenfalls Überstunden einschließen. Darin kann festgehalten werden, wann und wie viele Überstunden angeordnet werden dürfen. Entsprechende Vereinbarungen sind für den Arbeitnehmer bindend.

Wenn all diese Voraussetzungen für Sie nicht gelten und Sie aus eigener Motivation heraus Überstunden machen, entfällt eine Verpflichtung zur Vergütung!

Wie werden Überstunden vergütet?

Wer Überstunden leistet, würde natürlich gerne eine Gegenleistung dafür sehen. Aber muss der Chef die Überstunden tatsächlich auszahlen? Tatsächlich kommt es dabei auf die Situation an. Wenn Sie aus eigener Motivation heraus Überstunden machen, ohne dass sie angeordnet wurden, ist ihr Arbeitgeber nicht verpflichtet, sie zu vergüten.

Sind die Überstunden hingegen angeordnet worden, muss der Arbeitgeber Ihnen die zusätzliche Arbeit bezahlen. Es sei denn, er einigt sich mit dem Angestellten auf Freizeitausgleich. Dann müssen Sie Ihre Überstunden abfeiern. Zuschläge gibt es nur, wenn es im Arbeits- bzw. Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben ist. Andernfalls gilt der normale Stundensatz für die Vergütung von Überstunden.

Manche Arbeitsverträge enthalten Klauseln, dass Überstunden

  • … mit dem Festgehalt abgegolten sind,
  • … erst ab einer bestimmten Anzahl bezahlt werden,
  • … mit einem Pauschalbetrag vergütet werden.

Solche Angaben sind oft rechtlich anfechtbar, da sie undurchsichtig sind und eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers bedeuten könnten.

Laut Gesetz wird eine „übliche Vergütung“ gezahlt, „wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ Solch eine Vergütungserwartung steht laut Bundesarbeitsgericht allerdings nur sogenannte Geringverdienern zu, Besserverdienern hingegen nicht. Ein Arbeitnehmer gilt gesetzlich als Besserverdiener, wenn sein Entgelt über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt (monatlich 6.700 Euro in Westdeutschland, 6.150 Euro in Ostdeutschland, Stand 2019).

Liegt Ihr Gehalt darunter, kann ein Anspruch auf die zusätzliche Bezahlung von Überstunden gegeben sein. Allerdings nur unter folgenden Voraussetzungen:

  • Ihr Arbeitgeber hat die Überstunden (bis zur gesetzlichen Grenze von zehn Stunden täglich) angeordnet oder genehmigt
  • Sie können diese Anordnunghttps://www.roberthalf.de/Genehmigung dokumentieren und nachweisen Sie können geleisteten Überstunden nachweisen

Tipp: Klären Sie vorab in Ihrem Arbeitsvertrag, welche Voraussetzungen und Vergütung hinsichtlich Überstunden und Mehrarbeit gelten.

Wie sollten Sie Ihre Überstunden dokumentieren?

Wenn bei Ihnen regelmäßig Überstunden anfallen, sollten Sie diese genau schriftlich dokumentieren, am besten mitsamt Art der geleisteten Arbeit. Kommt es zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit Ihrem Arbeitgeber, müssen Sie in der Regel jede einzelne Überstunde nachweisen, die von Ihrem Arbeitgeber angeordnet wurde.

Das sollten Sie auch als Berufseinsteiger im Kopf behalten. Hat Ihr Arbeitgeber angeordnet, dass Sie während der Einarbeitung über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinweg länger bleiben, um sämtliche Aufgaben zu erledigen, sollten Sie über die Mehrarbeit detailliert Buch führen. So haben Sie eindeutige Belege zur Hand, falls es zum Streit kommt.

Was passiert mit Ihren Überstunden nach einer Kündigung?

Bei einer Kündigung liegt die Entscheidung, ob Ihre Überstunden ausgezahlt oder in Form von Freizeitausgleich vergütet werden, ganz bei Ihrem Arbeitgeber. Dabei spielt es keine Rolle, ob nun von Ihrer Seite oder vonseiten Ihres Arbeitgebers gekündigt wurde.

In der Praxis erhalten Arbeitnehmer bei einer normal verlaufenden Kündigung oft eine Vergütung ihrer Überstunden in Form von zusätzlichen Urlaubstagen. So können sie das Unternehmen früher verlassen, um ihre neue Stelle anzutreten, sich in Ruhe um ihre Bewerbung zu kümmern oder sich eine Auszeit zu nehmen.

Worauf kommt es für Sie in Sachen Überstunden an?

Inwieweit Überstunden zur Belastung oder sogar zum Vorteil werden, kommt ganz auf den Einzelfall an. Auf der einen Seite gibt es leider viel zu viele Arbeitnehmer, die vom zusätzlichen Stress durch Mehrarbeit krank werden. Andere wiederum nutzen ein gewisses Maß an Überstunden strategisch, um Privatleben und Arbeit besser miteinander zu verbinden – etwa bei den Themen Urlaub oder Kita.

Sie selbst sollten vor allem aufmerksam bleiben, wenn es um Überstunden und Mehrarbeit angeht. Für die meisten Arbeitnehmer ist es keine große Sache, mal eine Viertelstunde länger im Büro zu bleiben, um eine wichtige Aufgabe abzuschließen. Aber halten Sie die Augen offen. Gibt es zum Beispiel eine schleichende Entwicklung, dass Sie immer häufiger Überstunden machen und Sie der Stress mehr und mehre belastet?

Seien Sie sich selbst und Ihrem Vorgesetzten gegenüber ehrlich. Suchen Sie das Gespräch und tauschen Sie sich darüber aus, was genau die Gründe für die Überstunden sind und wie sich die Situation ändern lässt. Sie haben durchaus die Möglichkeit, auch mal nein zu sagen. Verknüpfen Sie Ihre Motivation und Leistung mit Ihrem Bedürfnis nach einer gesunden Work-Life-Balance – die meisten Vorgesetzten werden Sie bei der Suche nach einer Lösung unterstützen.

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